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Gottesdienst am 17.12.2017
in Brombach
Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
in unserem Ort gab es
zwei monatelange Baustellen, die die Zufahrt nur noch von einer Straße
her möglich machten. Im Berufsverkehr standen die Autos 3 km in der
Schlange, und man überlegte sich bei jeder Fahrt, ob sie wirklich
nötig war. Die Geschäfte hinter den Baustellen hatten deutliche
Einbußen, die Leute aus anderen Orten blieben weg, sie wollten keine
6 km Umweg fahren.
Diese Straßenlage
ist ein gutes Bild für die Situation der Christen in Deutschland 2017.
Wir liegen mit unseren Gemeinden praktisch hinter Baustellen. Wir haben
das beste Angebot der Welt, Jesus Christus, der uns Licht gibt, Orientierung,
der unsere Beziehungen heilen hilft und unserem Dasein Sinn verleiht. Wir
sind bereit, viele Menschen willkommen zu heißen. Genug Plätze
sind in unseren Kirchen, sie sind geheizt, der Kirchenkaffee ist gekocht.
Wir lassen uns alles Mögliche einfallen, um Menschen das zu bieten,
was sie brauchen und wollen. Aber unser Erfolg ist positiv gesprochen zögerlich.
Die großen Menschenströme gehen höchstens noch zu Heiligabend
in die Kirche.
Ursache könnten diverse
„Baustellen“ um uns herum sein. Menschen sind zu beschäftigt, um ihr
eigenes Leben auf die Reihe zu bringen. Sie schauen nicht über ihren
Alltag hinaus. Sie bleiben buchstäblich in den Baustellen des Alltags
hängen. Konflikte, Not und Schicksalsschläge beschäftigen
sie. Sie haben keine Idee, dass hinter der Baustelle Rettung wartet.
Diese Straßensperren
sind nicht so neu, wie wir denken. Als die nach Babylon Vertriebenen um
530 vor Christus wieder in ihre Heimat zurückkehrten, waren die Zustände
bei Weitem nicht so paradiesisch, wie Jesaja es angekündigt hatte.
Eigentlich sollte ein prachtvoller Wiederaufbau gelingen. Gottes Liebe
sollte in den Herzen der Menschen präsent sein. Stattdessen hatten
sich neue persische Herrscher breit gemacht. Die arme Bevölkerung
musste hohe Steuern zahlen, jeder schaute, wie er am besten überleben
konnte, eine Ellenbogenmentalität machte sich breit. Das führte
sogar dazu, dass man am Sabbat Geschäfte machte und die Sabbatruhe
zugunsten des Profits bewusst brach. Viele fragten sich, wo denn nun Gott
war? Dieses armselige Jerusalem konnte doch nicht der Ort sein, wo Gott
wohnen sollte.
Jesaja bestärkte in
dieser Depression Gottes Verheißung. Er stellte klar, dass Gott zu
seiner Verheißung steht, auch wenn es anders aussah. Er ermutigte
seine Leute, nicht bei den Baustellen stehenzubleiben und sich nicht mit
dem Leben auf der Baustelle zufrieden zu geben. Er nannte zwei Strategien,
um die Baustellen zu überwinden:
Jesaja 62,10
Ihr Bewohner Jerusalems,
zieht hinaus durch die Tore eurer Stadt! Bahnt einen Weg für das heimkehrende
Volk! Baut eine Straße, räumt die Steine aus dem Weg! Richtet
ein Zeichen auf, dass die Völker es sehen!
Straßenbau
Jesaja rüttelte seine
Zeitgenossen auf: „Schaut euch die Baustellen vor der Tür an. Es ist
an euch, dort mitzuhelfen, dass die Hindernisse schnell beseitigt werden.
Räumt Steine weg, bringt Straßenschilder an, markiert die Verkehrsführung.“
Jesaja wollte die Jerusalemer dazu bringen, dass die Heimkehrer aus Babylon
leicht den Weg nach Hause finden konnten.
Damals wurde deutlich,
dass ein solches Vorhaben aus eigener Kraft nicht zu stemmen war. Die Arbeit
war zu schwer, die Motivation schon nach wenigen Rückschlägen
am Ende. So deutete Jesaja mit diesen Worten schon auf Jesus hin. Jesus
ist gekommen als Straßenbaumeister. Er gibt Kraft, Motivation, er
ist der Möglichmacher.
Nehmen wir die Jesaja-Worte
für uns, werden wir mit ihnen aufgerufen, die Baustellen um uns herum
anzupacken. Wir werden es nicht aus eigener Kraft schaffen, wir brauchen
die Verbindung zu Jesus und seinen Geist genauso wie die gegenseitige Unterstützung.
Einige Baustellen fallen
mir ein:
-
Menschen in unserem Umfeld.
Da ist jemand in einer Lebenskrise, ich kann ihm nahe sein und ihn durch
diese schwere Zeit begleiten. Eine hat seit Jahren nicht mehr mit den Eltern
geredet, es beschäftigt sie und ist ein tiefer Schmerz. Ich kann ihr
helfen, einen ersten zaghaften Schritt auf ihre Eltern zu zu wagen und
sie ermutigen, die Eltern loszulassen, mit ihnen Frieden zu schließen.
Da ist einer in einer Umbruchsituation. Er muss sein Leben wieder neu sortieren,
alles steht auf dem Prüfstand. Warum ihm nicht zusprechen, dass ich
für ihn bete, dass er von Gott Klarheit und Wegleitung geschenkt bekommt?
-
Menschen aus anderen Kulturen.
Sie leben mit uns, haben oft Schlimmes hinter sich und den Schmerz des
Verlusts in ihrem Herzen. Ihnen kann ich mit Liebe und Offenheit begegnen.
Sehr berührt hat mich, als mir ein Bekannter letzte Woche erzählte,
wie eine Polizeistreife einen Eriträer anhielt, ihn an die Wand stellte
und durchsuchte. Der Bekannte sagte, er sei stehen geblieben, um dem Eriträer,
den er da noch nicht kannte, das Gefühl zu geben: „Du bist jetzt nicht
allein“. Die Polizisten fanden nichts bei ihm und entschuldigten sich,
kurz vorher war ein Supermarkt ein paar Meter weiter überfallen worden.
Der Bekannte kam mit dem Eriträer ins Gespräch, sie hatten eine
richtig gute Begegnung. Und wie ist sie zustande gekommen? Der Bekannte
hat sich in diesen Mann eingefühlt, er hat erkannt, dass dieser gerade
seine Unterstützung brauchte. Er hätte auch desinteressiert weggehen
und anderen erzählen können: „Wieder ein Ausländer, der
bestimmt was verbrochen hat.“
-
Auch unser Lebensstil ist
eine immerwährende Baustelle. Weil wir Gott lieben, lieben wir auch
seine Welt, und das heißt, wir treten sie nicht mit Füßen,
sondern haben Respekt vor ihrer Einzigartigkeit. Das kann sich auch – zumindest
anbruchsweise – in unserem Lebensstil niederschlagen.
Von der Fülle der Aufgaben
können wir schier überwältigt werden, aber mit dem ersten
Schritt machen wir zumindest einen Anfang. Welchen Stein auf den Baustellen
können wir in dieser Woche bewegen? Wir müssen diese Steine nicht
aus eigener Kraft anheben und wegräumen. Mit Jesus sind wir unterwegs,
er gibt den Blick für das jetzt Wesentliche und Notwendige. Er stellt
uns in eine Gemeinschaft, wo wir miteinander die Steine sehr viel leichter
aus dem Weg schaffen können als allein.
Jesaja 62,6-7
Ich habe Wächter
auf deine Mauern gestellt, Jerusalem! Weder bei Tag noch bei Nacht soll
ihr Ruf verstummen. Ihr Wächter seid dazu bestimmt, den HERRN an Jerusalem
zu erinnern! Ihr dürft euch keine Ruhe gönnen und ihr dürft
Gott keine Ruhe lassen, bis er Jerusalem wiederhergestellt und so herrlich
gemacht hat, dass alle Welt es rühmt.
Wächter auf der Stadtmauer
Gottes Verheißung
zu Jerusalem stand. Doch die Realität sprach dem entgegen. Als Lösung
schlug der Prophet vor, Leute auf die Stadtmauer zu stellen, die Gott berichten
sollten, was in der Stadt vorging: Statt Frieden waren die sozialen Zustände
katastrophal. Statt Aufbau machte sich Resignation breit. Statt freien
Wegen in die Zukunft traf man auf Straßensperren. Die Wächter
sollten ihrerseits Gottes Botschaft den Jerusalemern mitteilen: Ihm ist
nicht egal, was geschieht. Er möchte Eigeninitiative und kein Einigeln.
Er schickt hinaus, um Neue willkommen zu heißen.
Wächter könnten
wir auch mit Betern übersetzen. Sie sind Brückenbauer zwischen
Gottes Ansage und unserem Leben. Sie liegen Gott in den Ohren, genauso
wie sie uns mit Gottes Anliegen in den Ohren liegen.
Jesus ermutigte uns dazu,
dass wir mit Gott, wie ein Kind mit dem Vater, der Mutter redet, vertrauensvoll
mit Gott kommunizieren können. Wir sind alle Wächter, können
dieses Amt nicht an Einzelne delegieren. Wir sollten unser Ohr an den Problemen
der Zeit haben, nicht nur an unseren eigenen Problemen. Wir sollten genauso
das Ohr an Gottes Willen haben, was will er von uns und für uns?
Auch da zeigt sich wieder,
wie sinnvoll ein Team ist. Wenn wir ein Gebetsnetz bilden, können
wir uns unsere Gebetserfahrungen und -erhörungen weitergeben, sie
dadurch multiplizieren, wir können einander entlasten und uns im Wachen
ablösen, nach dem Motto: Ein Beter ist immer im Dienst.
Jesaja 62,11-12
Auf der ganzen Erde lässt
der HERR ausrufen: »Sagt der Zionsstadt: Deine Hilfe ist nahe! Der
HERR kommt, und er bringt das Volk mit, das er befreit hat. Es wird Gottes
heiliges Volk genannt werden, das Volk, das der HERR gerettet hat. Du selbst
aber heißt dann die Stadt, die Gott liebt, die Stadt, die er wieder
angenommen hat«.
Von Gott geliebt
Die Weihnachtsbotschaft
lautet: Gott kommt in Jesus auf diese Welt, um uns zu retten. Er nimmt
die Menschen an, die verloren gegangen sind. Er überwindet Baustellen
und macht Wege frei.
Jesaja hatte noch kein
klares Bild, wie Gott seine Liebe zeigen würde. Wir kennen Jesus,
die Person gewordene Zuwendung Gottes.
Die Weihnachtsbotschaft
will nicht in unseren Kirchen und Wohnzimmern bleiben. Wir werden aufgefordert,
die Baustellen aufzulösen und den Weg zu unseren Mitmenschen freizuräumen.
Wir können Jesus in den Ohren liegen, dass er ihnen begegnet, und
wissen gleichzeitig, dass das sein innigster Wunsch ist.
So sehr hat Gott die Welt
geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, dass alle, die an ihn glauben,
nicht verloren gehen, sondern ewig leben.
(Johannes 3,16)
Cornelia
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