Auf den Spuren von Jesus: Straßenbau (Jesaja 62,6-7+10-12)
Gottesdienst am 17.12.2017 in Brombach

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
in unserem Ort gab es zwei monatelange Baustellen, die die Zufahrt nur noch von einer Straße her möglich machten. Im Berufsverkehr standen die Autos 3 km in der Schlange, und man überlegte sich bei jeder Fahrt, ob sie wirklich nötig war. Die Geschäfte hinter den Baustellen hatten deutliche Einbußen, die Leute aus anderen Orten blieben weg, sie wollten keine 6 km Umweg fahren. 

Diese Straßenlage ist ein gutes Bild für die Situation der Christen in Deutschland 2017. Wir liegen mit unseren Gemeinden praktisch hinter Baustellen. Wir haben das beste Angebot der Welt, Jesus Christus, der uns Licht gibt, Orientierung, der unsere Beziehungen heilen hilft und unserem Dasein Sinn verleiht. Wir sind bereit, viele Menschen willkommen zu heißen. Genug Plätze sind in unseren Kirchen, sie sind geheizt, der Kirchenkaffee ist gekocht. Wir lassen uns alles Mögliche einfallen, um Menschen das zu bieten, was sie brauchen und wollen. Aber unser Erfolg ist positiv gesprochen zögerlich. Die großen Menschenströme gehen höchstens noch zu Heiligabend in die Kirche.

Ursache könnten diverse „Baustellen“ um uns herum sein. Menschen sind zu beschäftigt, um ihr eigenes Leben auf die Reihe zu bringen. Sie schauen nicht über ihren Alltag hinaus. Sie bleiben buchstäblich in den Baustellen des Alltags hängen. Konflikte, Not und Schicksalsschläge beschäftigen sie. Sie haben keine Idee, dass hinter der Baustelle Rettung wartet.

Diese Straßensperren sind nicht so neu, wie wir denken. Als die nach Babylon Vertriebenen um 530 vor Christus wieder in ihre Heimat zurückkehrten, waren die Zustände bei Weitem nicht so paradiesisch, wie Jesaja es angekündigt hatte. Eigentlich sollte ein prachtvoller Wiederaufbau gelingen. Gottes Liebe sollte in den Herzen der Menschen präsent sein. Stattdessen hatten sich neue persische Herrscher breit gemacht. Die arme Bevölkerung musste hohe Steuern zahlen, jeder schaute, wie er am besten überleben konnte, eine Ellenbogenmentalität machte sich breit. Das führte sogar dazu, dass man am Sabbat Geschäfte machte und die Sabbatruhe zugunsten des Profits bewusst brach. Viele fragten sich, wo denn nun Gott war? Dieses armselige Jerusalem konnte doch nicht der Ort sein, wo Gott wohnen sollte.

Jesaja bestärkte in dieser Depression Gottes Verheißung. Er stellte klar, dass Gott zu seiner Verheißung steht, auch wenn es anders aussah. Er ermutigte seine Leute, nicht bei den Baustellen stehenzubleiben und sich nicht mit dem Leben auf der Baustelle zufrieden zu geben. Er nannte zwei Strategien, um die Baustellen zu überwinden:

Jesaja 62,10
Ihr Bewohner Jerusalems, zieht hinaus durch die Tore eurer Stadt! Bahnt einen Weg für das heimkehrende Volk! Baut eine Straße, räumt die Steine aus dem Weg! Richtet ein Zeichen auf, dass die Völker es sehen!

Straßenbau
Jesaja rüttelte seine Zeitgenossen auf: „Schaut euch die Baustellen vor der Tür an. Es ist an euch, dort mitzuhelfen, dass die Hindernisse schnell beseitigt werden. Räumt Steine weg, bringt Straßenschilder an, markiert die Verkehrsführung.“ Jesaja wollte die Jerusalemer dazu bringen, dass die Heimkehrer aus Babylon leicht den Weg nach Hause finden konnten.

Damals wurde deutlich, dass ein solches Vorhaben aus eigener Kraft nicht zu stemmen war. Die Arbeit war zu schwer, die Motivation schon nach wenigen Rückschlägen am Ende. So deutete Jesaja mit diesen Worten schon auf Jesus hin. Jesus ist gekommen als Straßenbaumeister. Er gibt Kraft, Motivation, er ist der Möglichmacher.

Nehmen wir die Jesaja-Worte für uns, werden wir mit ihnen aufgerufen, die Baustellen um uns herum anzupacken. Wir werden es nicht aus eigener Kraft schaffen, wir brauchen die Verbindung zu Jesus und seinen Geist genauso wie die gegenseitige Unterstützung.

Einige Baustellen fallen mir ein:

  • Menschen in unserem Umfeld. Da ist jemand in einer Lebenskrise, ich kann ihm nahe sein und ihn durch diese schwere Zeit begleiten. Eine hat seit Jahren nicht mehr mit den Eltern geredet, es beschäftigt sie und ist ein tiefer Schmerz. Ich kann ihr helfen, einen ersten zaghaften Schritt auf ihre Eltern zu zu wagen und sie ermutigen, die Eltern loszulassen, mit ihnen Frieden zu schließen. Da ist einer in einer Umbruchsituation. Er muss sein Leben wieder neu sortieren, alles steht auf dem Prüfstand. Warum ihm nicht zusprechen, dass ich für ihn bete, dass er von Gott Klarheit und Wegleitung geschenkt bekommt?
  • Menschen aus anderen Kulturen. Sie leben mit uns, haben oft Schlimmes hinter sich und den Schmerz des Verlusts in ihrem Herzen. Ihnen kann ich mit Liebe und Offenheit begegnen. Sehr berührt hat mich, als mir ein Bekannter letzte Woche erzählte, wie eine Polizeistreife einen Eriträer anhielt, ihn an die Wand stellte und durchsuchte. Der Bekannte sagte, er sei stehen geblieben, um dem Eriträer, den er da noch nicht kannte, das Gefühl zu geben: „Du bist jetzt nicht allein“. Die Polizisten fanden nichts bei ihm und entschuldigten sich, kurz vorher war ein Supermarkt ein paar Meter weiter überfallen worden. Der Bekannte kam mit dem Eriträer ins Gespräch, sie hatten eine richtig gute Begegnung. Und wie ist sie zustande gekommen? Der Bekannte hat sich in diesen Mann eingefühlt, er hat erkannt, dass dieser gerade seine Unterstützung brauchte. Er hätte auch desinteressiert weggehen und anderen erzählen können: „Wieder ein Ausländer, der bestimmt was verbrochen hat.“
  • Auch unser Lebensstil ist eine immerwährende Baustelle. Weil wir Gott lieben, lieben wir auch seine Welt, und das heißt, wir treten sie nicht mit Füßen, sondern haben Respekt vor ihrer Einzigartigkeit. Das kann sich auch – zumindest anbruchsweise – in unserem Lebensstil niederschlagen.
Von der Fülle der Aufgaben können wir schier überwältigt werden, aber mit dem ersten Schritt machen wir zumindest einen Anfang. Welchen Stein auf den Baustellen können wir in dieser Woche bewegen? Wir müssen diese Steine nicht aus eigener Kraft anheben und wegräumen. Mit Jesus sind wir unterwegs, er gibt den Blick für das jetzt Wesentliche und Notwendige. Er stellt uns in eine Gemeinschaft, wo wir miteinander die Steine sehr viel leichter aus dem Weg schaffen können als allein.

Jesaja 62,6-7
Ich habe Wächter auf deine Mauern gestellt, Jerusalem! Weder bei Tag noch bei Nacht soll ihr Ruf verstummen. Ihr Wächter seid dazu bestimmt, den HERRN an Jerusalem zu erinnern! Ihr dürft euch keine Ruhe gönnen und ihr dürft Gott keine Ruhe lassen, bis er Jerusalem wiederhergestellt und so herrlich gemacht hat, dass alle Welt es rühmt.

Wächter auf der Stadtmauer
Gottes Verheißung zu Jerusalem stand. Doch die Realität sprach dem entgegen. Als Lösung schlug der Prophet vor, Leute auf die Stadtmauer zu stellen, die Gott berichten sollten, was in der Stadt vorging: Statt Frieden waren die sozialen Zustände katastrophal. Statt Aufbau machte sich Resignation breit. Statt freien Wegen in die Zukunft traf man auf Straßensperren. Die Wächter sollten ihrerseits Gottes Botschaft den Jerusalemern mitteilen: Ihm ist nicht egal, was geschieht. Er möchte Eigeninitiative und kein Einigeln. Er schickt hinaus, um Neue willkommen zu heißen.

Wächter könnten wir auch mit Betern übersetzen. Sie sind Brückenbauer zwischen Gottes Ansage und unserem Leben. Sie liegen Gott in den Ohren, genauso wie sie uns mit Gottes Anliegen in den Ohren liegen.

Jesus ermutigte uns dazu, dass wir mit Gott, wie ein Kind mit dem Vater, der Mutter redet, vertrauensvoll mit Gott kommunizieren können. Wir sind alle Wächter, können dieses Amt nicht an Einzelne delegieren. Wir sollten unser Ohr an den Problemen der Zeit haben, nicht nur an unseren eigenen Problemen. Wir sollten genauso das Ohr an Gottes Willen haben, was will er von uns und für uns? 

Auch da zeigt sich wieder, wie sinnvoll ein Team ist. Wenn wir ein Gebetsnetz bilden, können wir uns unsere Gebetserfahrungen und -erhörungen weitergeben, sie dadurch multiplizieren, wir können einander entlasten und uns im Wachen ablösen, nach dem Motto: Ein Beter ist immer im Dienst.

Jesaja 62,11-12
Auf der ganzen Erde lässt der HERR ausrufen: »Sagt der Zionsstadt: Deine Hilfe ist nahe! Der HERR kommt, und er bringt das Volk mit, das er befreit hat. Es wird Gottes heiliges Volk genannt werden, das Volk, das der HERR gerettet hat. Du selbst aber heißt dann die Stadt, die Gott liebt, die Stadt, die er wieder angenommen hat«.

Von Gott geliebt
Die Weihnachtsbotschaft lautet: Gott kommt in Jesus auf diese Welt, um uns zu retten. Er nimmt die Menschen an, die verloren gegangen sind. Er überwindet Baustellen und macht Wege frei. 

Jesaja hatte noch kein klares Bild, wie Gott seine Liebe zeigen würde. Wir kennen Jesus, die Person gewordene Zuwendung Gottes.

Die Weihnachtsbotschaft will nicht in unseren Kirchen und Wohnzimmern bleiben. Wir werden aufgefordert, die Baustellen aufzulösen und den Weg zu unseren Mitmenschen freizuräumen. Wir können Jesus in den Ohren liegen, dass er ihnen begegnet, und wissen gleichzeitig, dass das sein innigster Wunsch ist.

So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern ewig leben. (Johannes 3,16)

Cornelia Trick


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