Gottesdienst am 10.08.2014
in Brombach
Liebe Gemeinde, liebe Schwestern
und Brüder,
gerade hatten wir den
Gelähmten am Teich Bethesda
kennengelernt. Er war 38 Jahre krank und wurde von Jesus gefragt: „Willst
du gesund werden?“ Statt begeistert zu antworten: „Ja, ich will“, wies
er auf die anderen, die angeblich schuld daran waren, dass er immer noch
an diesem Teich lag. Jesus machte ihn gesund, aber der Geheilte hielt sich
nicht zu seinem Retter, sondern verriet ihn an seine Gegner. Er war zwar
gesund, aber nicht im Sinne Gottes heil geworden.
Auf dieses Negativbeispiel
folgt im Johannesevangelium eine Begebenheit, die davon handelt, was es
bedeutet, bei Jesus zu bleiben und mit ihm zu leben.
Johannes 6,1-13
Danach fuhr Jesus über
den See von Galiläa, der auch See von Tiberias heißt. Eine große
Menge Menschen folgten ihm, weil sie seine Wunder an den Kranken gesehen
hatten. Jesus stieg auf einen Berg und setzte sich mit seinen Jüngern.
Es war kurz vor dem jüdischen Passafest. Jesus blickte auf und sah
die Menschenmenge auf sich zukommen. Er wandte sich an Philippus: »Wo
können wir Brot kaufen, damit alle diese Leute zu essen bekommen?«
Das sagte er, um Philippus auf die Probe zu stellen; er selbst wusste schon,
was er tun würde. Philippus antwortete: »Zweihundert Silberstücke
wären nicht genug, um so viel zu kaufen, dass jeder auch nur einen
Brocken abbekommt.« Andreas, ein anderer Jünger, der Bruder
von Simon Petrus, sagte: »Hier ist ein Junge, der hat fünf Gerstenbrote
und zwei Fische. Aber was ist das schon bei so einer Menschenmenge?«
»Sorgt dafür, dass die Leute sich setzen«, sagte Jesus.
Es gab viel Gras an dem Ort. Sie setzten sich; ungefähr fünftausend
Männer waren da. Jesus nahm die Brote, sprach darüber das Dankgebet
und verteilte sie an die Menge. Mit den Fischen tat er dasselbe, und alle
hatten reichlich zu essen. Als sie satt waren, sagte er zu seinen Jüngern:
»Sammelt die Brotreste auf, damit nichts verdirbt.« Sie taten
es und füllten zwölf Körbe mit den Resten. So viel war von
den fünf Gerstenbroten übrig geblieben.
Die Situation
Alle vier Evangelien berichten
über den Hunger von deutlich mehr als 5000 Menschen, setzen dabei
aber unterschiedliche Schwerpunkte. Der Evangelist Johannes ist kein biographischer
Erzähler. Er scheint die anderen Evangelien vorauszusetzen und greift
einzelne Geschehnisse besonders heraus. Um es in einem Bild zu sagen: Die
anderen Evangelien beschreiben eine Reise durch ein unbekanntes Land, indem
sie die Sehenswürdigkeiten jedes Tages aufführen. Johannes baut
auf diesem Bericht auf und greift nur besondere Stationen heraus, die er
in verschiedenen Perspektiven darstellt. So betont er hier nicht das Wunder
der Brotvermehrung, sondern stellt zwei Jünger, die mit ihm unterwegs
sind, in den Mittelpunkt, Philippus und Andreas. Das Ereignis ist eingebettet
in zwei Bergetappen. Jesus ist mit seinen Jüngern auf einem Berg und
sieht im Tal viele Menschen, die ihn suchen. Er steigt herab zu ihnen.
Nach der Brotvermehrung entzieht er sich ihnen wieder und geht zurück
auf den Berg. Das Wunder selbst wird zur Prüfung für die Jünger
und zu einem Kurs in Sachen Christsein. Vielleicht wird es auch zu einer
Anfrage für mich. Würde ich die Prüfung Jesu bestehen?
Philippus und Andreas
Von Philippus und Andreas
hören wir schon zu Beginn des Johannesevangeliums. Sie waren Jünger
der ersten Stunden. Seither leben sie mit Jesus eng zusammen, hören
ihm zu, beobachten seine machtvollen Taten und befolgen seine Aufträge.
Hier nun scheint Jesus stehenzubleiben, sich zu ihnen umzudrehen und sie
zu fragen: Glaubt ihr wirklich das, was ich euch sage? Jesus sieht die
vielen Menschen und spürt ihren Hunger. Er fragt die Jünger:
Wo können wir etwas zu essen herbekommen?
Wenn ich von der Kirche
nach Hause fahre, muss ich anhalten, um links auf die Weilstraße
abzubiegen. Wenn ich einen Beifahrer habe, sagt er mir manchmal: rechts
ist frei. Doch je nach dem, ob ich ihm vertraue, schaue ich doch selbst
nochmal nach rechts und vergewissere mich. So kommt es leicht vor, dass
ich den idealen Zeitpunkt zum Abbiegen verpasse und schon wieder neue Autos
kommen. Ich muss warten. Diese Szene im Tal bei 5000 Menschen erinnert
mich an die Abzweigung. Werden die Jünger auf Geheiß Jesu losfahren,
oder lieber stehenbleiben, weil sie sich nicht sicher sind?
Philippus ist wohl ein
guter Rechner. Im Nu hat er ausgerechnet, dass 200 Silberstücke nötig
wären, um wenigstens eine Kleinigkeit für jeden zu besorgen.
Im Klartext bedeutete das, 200 Tagelöhne zusammenzubringen oder 40
Wochen zu arbeiten. Woher sollte man aus dem Stand so viel Geld nehmen?
So wendet er ein „wir müssten“, ein typischer Einwand von Nachfolgern
Jesu bis heute. Auf die Aufforderung, das Evangelium in die Welt zu tragen
und Brot des Lebens zu verteilen, antworten wir gerne:
-
Wir müssten erst unser
geistliches Leben intensivieren. Wir müssten dafür mehr Zeit
am Morgen und mehr Ruhe haben, eine bessere Bibellese finden oder mit einem
Freund zusammen Glauben teilen. Wir müssten eine andere Gemeinde haben,
in der geistliches Leben mehr angeregt wird, oder ein ermutigenderes Umfeld.
-
Um unsere Freunde zum Glauben
einzuladen, müssten wir erst eine Schulung durchlaufen, um über
den Glauben sprachfähig zu werden. Andere Freunde, die offener für
den Glauben sind, müssten es auch sein. Zudem müssten sich erst
passende Gelegenheiten bieten, wir wollen ja nicht mit der Tür ins
Haus fallen.
-
Um an unserer Arbeitsstelle
von Jesus zu erzählen, bräuchten wir wohl erst einen anderen
Beruf, einen anderen Arbeitsplatz und andere Kollegen, die uns im Glauben
unterstützen.
So ist bei allem Nachdenken
klar, um Jesus gehorchen zu können, müssten sich erst ganz viele
Dinge ereignen, sonst macht es keinen Sinn.
Und nochmal zurück
zur Kreuzung in Brombach: Es kommt zwar schon länger kein Auto mehr
von rechts, aber wir bleiben trotzdem stehen und biegen nicht links ab
– warten mit Philippus, bis 200 Silberstücke vom Himmel regnen.
Andreas ist einen Schritt
weiter als Philippus. Er blockt nicht sofort ab, sondern lässt seinen
Blick schweifen. Er sieht einen Jungen mit 5 Broten und 2 Fischen, aber
„was hilft das bei so vielen Menschen?“ Mutlos winkt er ab, denn dieses
Essen ist eindeutig zu wenig für all die Leute.
Kennen wir nicht auch diese
Haltung? Mein kleiner Beitrag rettet die Welt nicht, also lass ich es gleich
ganz sein. Aber würde je jemand in die Weltmission gehen, ist doch
sein Dienst in Malawi oder in einer Favela in Brasilien auch nur ein Tropfen,
der gleich in der Sonne verdampft. Würde sich je jemand um einen Überfallenen
am Weg kümmern, da er ja nicht die anderen 1000 retten kann, die auch
irgendwo überfallen wurden. Würde jemand nur eine Stunde seiner
kostbaren Lebenszeit für die Gemeinde opfern angesichts des Elends
in der Weilt? Damit könnte er doch nichts bewegen. Und würde
irgendjemand die Kraft aufbringen, einen Chor zu leiten, wo das Gotteslob
doch schon bei den Tagesnachrichten wieder erstirbt?
„Wir müssten“ und
„was hilft es“ sind Totschlagargumente. Wer sie benutzt, kapituliert vor
dem Auftrag Jesu und hat letztlich die Prüfung nicht bestanden. Dagegen
den Auftrag zu sehen und anzunehmen, würde bedeuten zu sagen: „Hier
sind 5 Brote und 2 Fische, mach Du etwas daraus“.
Jesus
Jesus geht auf die Totschlagargumente
nicht ein, sondern gibt den Jüngern einen Auftrag, den sie ausführen
können. Sie sollen die mehr als 5000 Leute dazu bewegen, sich auf
der Wiese zu lagern.
Zum einen knüpft er
hier an die Fähigkeiten der Jünger an. Großen Glauben haben
sie nicht, aber Menschen dazu zu überreden, sich hinzusetzen, das
können sie offensichtlich. Können wir das nicht auch? In der
Hektik unseres Alltags geben wir Impulse stehenzubleiben, sich hinzusetzen,
zur Ruhe zu kommen und Jesus dabei zu erfahren. Vielleicht können
wir auch in unseren persönlichen Beziehungen Mut zum Stillhalten machen,
Gelassenheit vorleben. Auch unsere Gottesdienste und Zusammenkünfte
sollten so gestaltet sein, dass unsere Freunde sich setzen können,
liebevoll auf die Begegnung mit Jesus vorbereitet werden.
Zum anderen übergeben
die Jünger Jesus Brote und Fische. Sie werfen sie nicht selbst in
die Menge. Jesus vermehrt das Brot und gibt sich selbst an die Menschen.
Die Nahrungsmittel werden zur Erfahrung, dass Jesus mitten im eigenen Leben
gegenwärtig ist. Unser Können, unser Singen, unsere Zeit und
unser Geld können wir ihm geben, er wird etwas daraus machen. Mitwirken
können wir wie die Jünger. Sie sammelten die Brotreste wieder
ein. So wird Jesus auch uns einbinden in sein Wirken und uns das machen
lassen, was wir am besten können. Ziel ist, dass nicht die Jünger
gefeiert werden, sondern Gott gelobt wird.
Die richtige Antwort auf
Jesu Prüfung lautet somit:
„Wir haben nicht genug,
aber du kannst mit unseren fünf Broten und zwei Fischen alle
satt machen. Du kannst Menschen, die wir einladen, sich einen Moment Zeit
zu nehmen, satt machen und ihnen Vertrauen zu dir schenken. Gebrauche uns
für deine Sache.“
Cornelia
Trick
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