Erntehelfer gesucht (Lukas 10,1-20)
Gottesdienst am 01.09.2013 in Friedrichsdorf

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
verschiedene Leute kamen zu Jesus. Sie erzählten ihm, dass sie sein Wahlprogramm kennen und gerne bei ihm bleiben wollten. Seine Argumente hatten sie überzeugt. Jesus tritt ihnen mit seiner Antwort sehr nahe. Den einen spricht er auf seine Bequemlichkeit an: Du wirst kein sicheres Dach mehr über dem Kopf haben. Kannst du damit leben? Den anderen spricht er auf sein Festhalten an Traditionen an: Du musst dich von dem trennen, was du immer gemacht hast, Nachfolge heißt, sich auf ein neues, unvorhersehbares Abenteuer einzulassen. Und der Dritte war wohl einer, der sich nicht zwischen Vertrautem und Neuem entscheiden kann. Dem sagt Jesus, dass er ohne Entscheidung für Jesus nicht mit ihm leben kann. Sowohl – als auch geht nicht. (nach Lukas 9,57-62) Zwar schrieb der Evangelist nicht auf, wie die drei Männer reagierten, doch deutet alles darauf hin, dass sie die Antworten Jesu abschreckten. Sie waren nicht bereit, alles für Jesus aufzugeben, ihre Bequemlichkeit, ihren Traditionalismus und ihre Unentschlossenheit. Sie sind wohl traurig weggegangen. Doch mindestens 72 Anhänger und Anhängerinnen blieben bei Jesus. Sie hatten das Gespräch wahrscheinlich mitbekommen. Jesus führte sie weiter. Er machte ihnen klar, dass ein solches herausforderndes Leben mit ihm einen bestimmten Sinn erfüllte. Es ging darum, frei zu sein, um auf Gottes Sendung zu reagieren.

Lukas 10,1-4

Danach bestimmte der Herr weitere zweiundsiebzig Boten und sandte sie zu zweien aus. Sie sollten vor ihm her in alle Städte und Ortschaften gehen, durch die er kommen würde. Er sagte zu ihnen: »Hier wartet eine reiche Ernte, aber es gibt nicht genug Menschen, die helfen, sie einzubringen. Bittet den Herrn, dem diese Ernte gehört, dass er die nötigen Leute schickt!« Und nun geht! Ich sende euch wie Lämmer mitten unter Wölfe. Nehmt keinen Geldbeutel mit, keine Vorratstasche und keine Schuhe. Und bleibt unterwegs nicht stehen, um jemand zu begrüßen. 

Jesus sieht nicht nur die Zweiundsiebzig, die um ihn herum stehen, sondern er sieht die Menschen, die von seiner Botschaft noch nicht erreicht sind. Er vergleicht diese unerreichten, unerlösten Menschen mit einer Ernte, die eingebracht werden will. So viele sind es, die Sehnsucht nach einem erfüllten Leben haben, die nach Orientierung und Halt in ihrem Leben suchen, die Trost und Heilung brauchen oder Frieden Gottes in zerbrochenen Beziehungen. Jesus sieht auch, dass es zu wenige sind, die sich um diese Suchenden kümmern und ihnen von Gott erzählen. Die einen sind zu beschäftigt mit ihren Häusern, die anderen mit ihren gesellschaftlichen Terminen, die Dritten mit ihren Kompromissen. Wer bleibt da noch übrig? Jesus öffnet mit diesem Bild von der reifen Ernte ein Fenster zur nachösterlichen Gemeinde. Es ist offenbar ein Dauerzustand im Reich Gottes, dass zu wenige anpacken, immer ein Mitarbeitermangel herrscht und jederzeit ein wichtiger Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin ausscheiden kann und eine Lücke hinterlässt.

Wir haben normalerweise drei Strategien, um auf Mitarbeiternotstand zu reagieren:

  • erhöhter Aktivismus: die wenigen, die noch übrig bleiben, machen doppelt und dreifach so viel, um den Mangel auszugleichen. 
  • Abfinden mit Ist-Zustand: die Realität wird klaglos akzeptiert, Angebote abgebaut, Gruppen geschlossen, Evangelisation eingestellt.
  • Anwerbung von Leuten: um jeden Preis werden Helfende angeworben, auch wenn sie gar nicht wissen, worum es eigentlich geht. Ihnen wird das Programm Jesu gar nicht erst in die Hand gedrückt, um sie nicht gleich wieder zu verschrecken.
Diese drei Antworten auf den Notstand bei den Erntehelfern führen zu fatalen Folgen. Im ersten Fall sind die Leute schnell am Ende ihrer Kraft. Die Menschen, denen sie eigentlich mit der Liebe und dem Frieden Jesu gegenüber treten wollen, empfinden sie als Bedrohung und Feinde. Sie bekommen einen Burnout und werden krank an ihrer Überforderung. Im zweiten Fall fragen sich die suchenden Leute, ob sich Christen überhaupt um sie kümmern wollen. Vergeblich suchen sie nach Angeboten, um die Bibel kennen zu lernen, mit Christen über den Glauben nachzudenken oder mit jemand zu beten. Stattdessen werden sie von einem Anrufbeantworter zum nächsten weitergereicht. Im dritten Fall wird z.B. eine christliche Kindergruppe von einer Jugendlichen geleitet, die selbst keine Beziehung zu Jesus Christus, aber sehr viel Spaß mit Kindern hat. Sie kann den Kindern viel vermitteln, von Jesus erfahren sie allerdings nichts. 

Jesus legt uns eine andere Antwort vor. Wir sollen darum beten, dass Gott Leute beruft und sendet, die wissen, worum es geht, die Jesus kennen und denen es weh tut, dass die Ernte nicht eingebracht werden kann. Er ist der, der den Notstand beheben kann, nicht wir.

Allerdings können die Betenden schnell zu Gerufenen werden. Jesus sandte genau die 72 aus, die ihm zugehört hatten und die er zum Gebet aufgerufen hatte. Was einen da erwartet, wird klar benannt. Nach wie vor gehört ein Gerufener zur Herde Jesu. Jesus kümmert sich um ihn und beschützt ihn. Doch Wölfe können bedrohlich nahe kommen. Wölfe, die sich als Feinde in uns selbst und Feinde von außen zeigen. In einer Umgebung, die Jesus nicht kennt, können wir nicht damit rechnen, ohne Widerstände zu leben. Die Widerstände fangen ja meist in uns selbst an. Wir werden lustlos, verlieren den Mut, lassen uns so schnell von unseren Aufgaben als Botschafter Jesu ablenken. Jesus gibt uns da nur eine Hilfe, er lädt uns ein, mit ihm zu reden, seine Hilfe zu erbitten. Wir sollen nicht um die Wölfe kreisen, sondern uns von ihnen nicht mutlos machen lassen. Jesus ist der gute Hirte, der Herr der Ernte, der, der auch einen Zaun ziehen kann. Er wird uns beschützen. Eine andere Zusage haben wir nicht. Was an uns liegt, führt Jesus mit sehr kurzen Anweisungen aus. Wir sollen uns auf einen glaubwürdigen Lebensstil besinnen. Es wird alles darauf ankommen, dass unsere Worte zu unserem Alltag passen. Sind wir wirklich so vertrauensvoll in jeder Lebenslage? Erwarten wir, dass Jesus uns beschützt oder bauen wir unsere Sicherungsnetze immer engmaschiger? Tut es uns weh, dass Menschen nicht Jesus Christus finden oder ist es uns eigentlich völlig egal, was mit unseren Mitmenschen wird? Diese innerste Haltung spüren uns Leute ab, die uns nahe genug kommen. Sie fühlen, ob wir ihnen mit dem Wunsch begegnen, sie mit Jesus bekannt zu machen, oder ob wir ihnen einen Werbezettel in die Hand drücken wollen, von dem wir selbst nicht überzeugt sind.

Anspiel Lukas 10,1-20

Jesus: Und nun geht! Ich sende euch wie Lämmer mitten unter Wölfe. Nehmt keinen Geldbeutel mit, keine Vorratstasche und keine Sandalen. Und bleibt unterwegs nicht stehen, um jemand zu begrüßen.

Jünger A hebt Hand: Wenn du „Sandalen“ sagst, Herr, sollen wir das so verstehen, dass wir gar keine Schuhe mitnehmen dürfen, oder geht es nur um Sandalen? Ich frage nur, weil ich ein außerordentlich schönes Paar Wanderschuhe habe. Sie wären ideal zum Umherwandern, wie du es uns befiehlst. 
Und dann habe ich noch eine Frage. Mein Freund Fidibus, der mit mir eine Zweierschaft bilden soll, hat sehr empfindliche Fußsohlen. Ich fürchte, wenn er eine Weile rumläuft, wird er bald vor Schmerzen schreien. Und was bedeutet es für deine Botschaft, wenn wir mit vielen Auas und Ohs von Gottes Liebe reden und seinem Sohn Jesus, der kommt, um uns zu heilen. Deshalb haben wir gedacht, falls du die Wanderschuhe verbietest, könnten wir uns doch Lumpen um die Füße wickeln, die fallen doch nicht unter den Oberbegriff Schuhe.

Jesus: Moment mal! Lasst mich die Sache klarer ausdrücken. Keine Sandalen bedeutet, nichts an den Füßen, ok? Nichts! Weder Wanderstiefel noch Lumpen, Turnschuhe, Skateboards, Roller, noch irgendwas. Habt ihr das verstanden? Gut! Und nun, macht euch auf zu je zwei und …

Jünger B: Äh, entschuldige, Herr… wegen deines Befehls, zu zweit zu gehen. Ich soll mit Tribbil gehen. Aber der ist ein bisschen merkwürdig, nicht? 

Jesus: Ist nicht jeder auf seine Art ein bisschen merkwürdig?

Jünger B: Ja schon, aber Tribbil will auch nicht mit mir gehen. Das war schon in der Grundschule so, niemand wollte mich im Sportteam haben. 

Jesus: Und warum will Tribbil nicht mit dir gehen?

Jünger B: Er sagt, ich wäre so negativ und würde ihn immer runterziehen.

Jesus: Kann du dich vielleicht mehr darauf konzentrieren, dass du in Gottes Auftrag unterwegs bist? Und deine negativen Gedanken etwas für dich behalten? Dann geht es vielleicht mit Tribbil.

Jünger B: Ja, Herr, ich will es versuchen …

Jesus: Also diese ganze Angelegenheit wirkt ja eher wie ein Kindergartenpicknick, als wie ein Auftrag, Gottes Reich zu errichten. – Also ich wiederhole: Macht euch zu zweit auf ohne Beutel, Tasche, Sandalen und ohne euch unterwegs zu verquatschen. Und jetzt geht!

Jünger C: Nur noch eine Frage: darf ich mein Handtuch mitnehmen?  Und auch mein Stofftier würde ich gerne mitnehmen, dass ich mich nachts nicht so fürchte.

Jesus: Hört mal, ich glaube, wir haben den Sinn dieser Reise noch nicht ganz begriffen, nicht wahr? Es geht nicht darum, dass ihr alle möglichen Sachen in euer Gepäck schmuggelt, sondern dass ihr von mir abhängig seid. Versteht ihr das? Kein Beutel, keine Tasche, keine Sandalen, kein Teddybär, keine Visa-Karte, geht einfach!
 

Klar, wir können über die Jünger schmunzeln. Sie scheinen wirklich nicht begriffen zu haben, worum es Jesus ging. Aber ein bisschen erkennen wir uns vielleicht auch selbst wieder. So gerne würden wir uns senden lassen, doch zu unseren Bedingungen. Jesus will uns nicht alles wegnehmen, sondern er will, dass wir auf ihn vertrauen, von ihm abhängig werden und alle Hilfe von ihm erwarten.

Wenn wir jetzt miteinander in diesen neuen Abschnitt gehen, dann sind wir ausgesandt wie die 72 Jünger damals. Um Menschen mit Gottes Liebe zu erreichen, ihre Sehnsucht nach einem heilen Leben zu erspüren, ihnen anzubieten, eine Wegstrecke mit ihnen zu gehen, an ihrem Tisch zu sitzen, mit ihnen das Brot zu teilen, wie es die Jünger damals tun sollten, braucht es nicht viel. Wir müssen uns keine Evangelisationskoffer kaufen, keine Schulung absolvieren und auch nicht mit dem Traumpartner unterwegs sein. Wir müssen uns nicht fürchten und keine Angst haben vor unbekannten Leuten und Situationen. Denn Jesus will mit uns sein. Er ist Chef dieses Jahres. Er begleitet uns und zeigt uns, wohin wir gehen sollen und mit wem wir Kontakt aufnehmen können. Er bereitet vor, wohin wir gehen werden. Dass Jesus niemand allein losschickt, ist ein wichtiger Hinweis. Wir brauchen  einander zur Ermutigung und zum Dranbleiben, zur Fürbitte und zur Korrektur. Wir sind zu zweit und erleben das hautnah als großes Geschenk im Dienst.

Lukas 10,17-20

Die Zweiundsiebzig kamen zurück und berichteten voller Freude: »Herr, sogar die bösen Geister gehorchen uns, wenn wir uns auf deinen Namen berufen!« Jesus sagte zu ihnen: »Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen. Ja, es ist wahr: Ich habe euch Vollmacht gegeben, auf Schlangen und Skorpione zu treten und die ganze Macht des Feindes zunichte zu machen. Er wird euch nicht das Geringste antun können. Aber nicht darüber sollt ihr euch freuen, dass euch die bösen Geister gehorchen. Freut euch lieber darüber, dass eure Namen bei Gott aufgeschrieben sind!« 

Voller Freude über ihren Erfolg kehrten die 72 zurück zu Jesus. In seinem Namen hatten sie buchstäblich den ganzen Main-Taunus-Kreis für Jesus gewonnen. Selbst die sogenannten Wölfe konnten ihnen nichts anhaben. Sie waren berauscht von den Erfahrungen der letzten Wochen. Jesus korrigiert sie. Sie sollen sich nicht über ihren Erfolg freuen, sondern darüber, dass sie unter Gottes besonderem Schutz und in seiner Liebe leben. Darauf allein kommt es an – Erfolg hin oder her. Schön, wenn sie Menschen zu Jesus führen können, aber das ist nicht der Grund der tiefen Lebensfreude. Diese Lebensfreude entspringt allein der Erfahrung der unmittelbaren Nähe Gottes. Dass sie gebraucht werden als Erntehelfer, darf die Jünger glücklich machen, es ist ein Zeichen für sie, dass sie zu Jesus gehören. Das eigentlich Begeisternde ist, dass Jesus sie kennt, sich um sie kümmert, sogar die Wölfe für sie wegsperrt. Das soll ihre ganze Freude sein.

Ich stelle mir vor, dass die 3, die nicht mit Jesus mitgegangen sind, von fern das Geschehen verfolgt haben. Vielleicht lud Jesus sie noch einmal ein, es mit ihm zu wagen, der Freude wegen. Ich stelle mir vor, dass Jesus mich heute ansieht und mich fragt:

  • Ist es auch dein Herzensanliegen, dass Menschen zu Jesus finden?
  • Willst du glaubwürdig und mit offenen, erwartungsvollen Händen mit Jesus leben?
  • Bist du bereit, dich den Wölfen zu stellen und allein auf Jesu Schutz zu vertrauen?
  • Willst du Gottes Frieden in deinem Herzen einziehen lassen und ihn anderen weitergeben?
Und wie er mir zusagt: „Freu dich, dass dein Name im Himmel aufgeschrieben ist!“
Cornelia Trick und Silke Bruckart


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