Genug für einen Tag (2.Mose 16,11-18)
Gottesdienst am 26.7.2020 in Brombach

Liebe Gemeinde,
letzte Woche erhielt ich einen Brief von einem langjährigen Freund. Er schrieb von seinem Ergehen in diesen Zeiten. Allein zu leben war nie ein Problem für ihn, er genoss seine Freiheit, war viel unterwegs und pflegte seine Freundschaften. Auch jetzt, so schrieb er, konnte er seine Freunde treffen, aber eben auf Abstand, er sehnte sich nach naher Berührung, fühlte eine merkwürdige Leere im Herzen. 

Es ist gerade eine Wüstenzeit für manche Seele, obwohl es vielleicht äußerlich betrachtet alles normal läuft, man arbeitet, Menschen begegnet und sein Leben weiterführt. Wie mag sich die Wüste erst für die anfühlen, die um ihre Existenz fürchten oder gesundheitliche Not leiden. Ihre Wüste ist noch trockener und entbehrungsreicher.

Eine intensive Wüstenerfahrung schildert uns die Bibel aus der Frühzeit der Israeliten. Gerade waren sie mit Mose der Sklaverei in Ägypten entkommen. Erst sechs Wochen lag dieses lebensverändernde Ereignis zurück. Nun hieß es, tagein tagaus durch die Wüste zu stapfen, das Ziel lag noch in fast unerreichbarer Ferne, das gelobte, versprochene Land Kanaan. Inzwischen waren die Brotreserven nahezu aufgebraucht, Hunger und Hungerstod drohten. Die Stimmung unter den Leuten kippte. Am Anfang, gleich nach ihrer Rettung am Schilfmeer, sangen sie Gott Loblieder. Die waren längst verstummt. Stattdessen erhob sich ein Murren unter ihnen. Sie dachten an Ägypten. In ihrer Erinnerung verwandelten sich die dünnen Gemüsesuppen dort in üppige Fleischmahlzeiten. Warum waren sie überhaupt aufgebrochen? Und hatte ihnen das nicht alles Mose eingebrockt? So richtete sich ihr Unmut gegen Mose. Der wandte sich an Gott, und Gott antwortete:

2.Mose 16,11-18
Der HERR sagte zu Mose: »Ich habe das Murren der Israeliten gehört und lasse ihnen sagen: 'Gegen Abend werdet ihr Fleisch zu essen bekommen und am Morgen so viel Brot, dass ihr satt werdet. Daran sollt ihr erkennen, dass ich der HERR, euer Gott, bin.'« Am Abend kamen Wachteln und ließen sich überall im Lager nieder, und am Morgen lag rings um das Lager Tau. Als der Tau verdunstet war, blieben auf dem Wüstenboden feine Körner zurück, die aussahen wie Reif. Als die Leute von Israel es sahen, sagten sie zueinander: »Was ist denn das?« Denn sie wussten nichts damit anzufangen. Mose aber erklärte ihnen: »Dies ist das Brot, mit dem der HERR euch am Leben erhalten wird. Und er befiehlt euch: 'Sammelt davon, so viel ihr braucht, pro Person einen Krug voll. Jeder soll so viel sammeln, dass es für seine Familie ausreicht.'« Die Leute gingen und sammelten, die einen mehr, die andern weniger. Als sie es aber abmaßen, hatten die, die viel gesammelt hatten, nicht zu viel, und die, die wenig gesammelt hatten, nicht zu wenig. Jeder hatte gerade so viel gesammelt, wie er brauchte.

Gottes Sache
Gott redete, Mose wurde zum Übersetzer der Worte Gottes. Nicht Mose musste die Leute zum Durchhalten bewegen, sondern Gott übernahm die Regie. Von ihm kam Zuversicht und Hilfe, er nahm sich der Sorgen seiner Leute an.

In Wüstenzeiten redet Gott auch zu uns, manchmal direkt wie zu Mose. Er öffnet den Blick für neue Wege, für Auswege und Umwege, er stärkt durch Zeichen seiner Nähe. Manchmal lässt er auch „Übersetzer“ reden. Da sagt jemand etwas Liebes zu mir, und ich spüre sofort, dass das eine Umarmung Gottes ist.

Vor ein paar Wochen hatte ich einen prallvollen Tag vor mir, immer noch ein Termin kam dazu, ich hatte wirklich Sorge, ob ich allem gerecht werden konnte. Und dann erinnerte ich mich an Gottes Zusage, mir in den alltäglichen Herausforderungen zu helfen, und bat ihn, mir das zu zeigen. Ich konnte es selbst kaum glauben, aber zwei Termine fielen überraschend aus, es war auf einmal viel Luft in diesem Tag, ein Geschenk Gottes. Die „Übersetzer“ wussten wahrscheinlich gar nicht, dass sie in Gottes Auftrag ihre Termine abgesagt hatten.

An einem eher mutlosen Tag im April steckte mir jemand 10€ für die Gemeindearbeit zu, weil er ja gerade nicht Kollekte geben konnte. Für mich war es die Stimme aus dem Himmel, die mir zusprach: „Hey, die Gemeinde lebt doch, auch wenn es sich gerade nicht so anfühlt, und ich sorge für euch, mach du einfach fröhlich weiter, du wirst schon sehen.“

Gott gibt anders als gedacht
Wenn ich eine Israelitin gewesen wäre, hätte ich erwartet, dass Gott mir Brot auf einem Teller servierte, genauso, wie ich es gewohnt war. Doch Gott ließ nicht Brote, sondern Manna vom Himmel regnen, wahrscheinlich ein kristallisiertes Sekret einer Laus. Ob es schmeckte wie Brot? Wohl eher nicht. Aber es machte satt und erfüllte seinen Zweck. 

Gebetserhörungen in Wüstenzeiten sind oft anders als gedacht. Wünschen wir uns auch noch so sehr, wieder in den Zustand vom Februar 2020 zurückkehren zu dürfen mit Singen, Feiern, Shoppen und Verreisen, so ist unsere jetzige Freiheit wahrscheinlich noch länger nicht vergleichbar damit. Wir haben nun wie die Israeliten damals zwei Möglichkeiten, damit umzugehen. 

Wir können murren und im Zurückschauen verharren, die Vergangenheit verklären, die eigentlich nicht wirklich so rosig war. 

Wir können aber auch dankbar sein für das, was wir heute schon geschenkt bekommen haben. Wir können uns ungehindert begegnen, wir haben technische Möglichkeiten, um Abstände zu überwinden, wir haben sehr niedrige Infektionszahlen, wir haben vielleicht entdeckt, was wirklich wichtig ist im Leben, einen Halt bei Gott, dem wir vertrauen können.

Gott gibt nicht im Voraus und zum Horten
Das Manna hielt nur einen Tag, dann begann es zu schmelzen, zu stinken, und Maden machten sich breit. Was Gott uns an Lebensmöglichkeiten schenkt, sollten wir heute nutzen und es nicht auf später verschieben oder anhäufen für eine falsche Sicherheit. Unsere Pläne stehen immer unter Vorbehalt, dass sie durchkreuzt werden können und sich unsere Luftschlösser zerschlagen könnten.

So erzählte mir jemand, wie er eine neue Stelle angeboten bekam. Sie war attraktiv, aber schlechter bezahlt als seine derzeitige Beschäftigung. Er entschied sich zu bleiben, fand sich auf der sicheren Seite. Doch die Firma machte Konkurs, seine scheinbare Sicherheit war dahin.

Gott gibt, soviel wir brauchen
Egal, wie viel oder wenig jemand sammelte, am Ende des Tages hatte er oder sie genau die richtige Menge beisammen. Bedürfnisorientiert hat Gott das Lebensnotwendige geschenkt.

Wie sieht das für mich aus? Ich lerne, dass es bei meiner Wanderung durch das Leben nicht um „immer mehr und immer größer“ geht, sondern darum, jeden Tag sinnvoll, erfüllt und mit Gott im Einklang zu verleben. Mehr braucht es nicht.

Nun bin ich jemand, der eher zu viel als zu wenig sammelt, es macht mir einfach Freude zu arbeiten. Ich lerne von dieser Manna-Erfahrung, dass ich dieses Mehr nicht für mich selbst behalten sollte, denn es wird verderben. Ich kann es denen zukommen lassen, die weniger Kraft und Motivation zum täglichen Sammeln haben. Ihre Krüge mit meinem Manna zu füllen, ist offenbar meine Aufgabe, anstatt mir selbst die Maden ins Haus zu holen.

Wie das konkret aussehen kann: Einer kann mit seinem mehr verdienten Geld einer anderen unter die Arme greifen. Ich kann mich anbieten für Gespräche und Begleitung, kann mit jemand ein Buch lesen und meine Zeit einem anderen Menschen schenken.

Gott will, dass wir sein Manna aufsammeln
Mühe und Arbeit gehören zum Leben auch in Wüstenzeiten, ja vielleicht gerade da. 

Gott will, dass wir unser Leben gestalten, dass wir für uns sorgen, dass wir unsere Begabungen leben. Sonst hätte er wirklich gebackene Brote und gegrillte Wachteln vom Himmel fallen lassen, direkt in die Münder. In der Corona-Wüstenzeit haben wir erlebt, wie anstrengend es sein kann, den Alltag zu bestehen mit Kindern zuhause, Arbeiten von Zuhause oder dem Mangel an Arbeit, ohne Unterstützung der Großeltern, weil man sie schützen wollte. Und doch, Gott traut uns zu, dass wir das schaffen und unser Leben gestalten können. Die Voraussetzungen schenkt er, was wir daraus machen, ist unsere Aufgabe.

Gott lässt Wüstenzeiten zu, gerade weltweit, aber auch in unserem persönlichen Leben. Es sind Zeiten, in denen wir spüren, wie abhängig wir von Gott sind, wie sehr wir ihn brauchen. Er ist uns in Jesus nahe, ein verlässlicher Wegbegleiter, der uns nicht allein lässt.

Ich bin das Brot des Lebens. Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind trotzdem gestorben. Aber dies ist das Brot, das vom Himmel herabkommt. Wer davon isst, wird nicht sterben. Ich bin das Lebensbrot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wenn jemand von diesem Brot isst, wird er in Ewigkeit leben.“ (Johannes 6,48-51)

Cornelia Trick


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