Gott zeltet bei uns (Offenbarung 21,1-7)
Gottesdienst am 20.11.2016 in Brombach

Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder,
was hilft einem Menschen, der traurig ist, einen lieben Menschen verloren hat, dem die Lebensperspektive abhanden gekommen ist? Ich höre in mich selbst hinein. Was würde mir helfen? Einen sicheren Ort für mich allein haben, wo ich trauern und weinen darf. Ein liebevoller Arm, der sich um mich legt, mich tröstet und mir das Gefühl gibt: Du bist nicht allein. Unterstützung im Alltag, jemand, der sich um den Haushalt kümmert und mir ein Brot schmiert. Ein Rettungsring, der mich davor bewahrt, im Leid unterzugehen. Der mich rettet, wenn ich dem Verstorbenen ins Grab hinterherspringen will. Der mich festhält, wenn das Leid mich verschlingen will.

Der Ewigkeitssonntag ist solch ein Rettungsring im Jahresablauf. Er will uns in Gottes Perspektive ziehen und den Blick auf den Himmel öffnen. Er hilft uns, unsere Not aus Gottes Perspektive zu sehen und zu bearbeiten. Er bewirkt im besten Fall, dass unser Blick auf die Zukunft verändert wird.

Dazu helfen Bilder, die die Bibel uns buchstäblich vor Augen malt und die helfen, den Himmel zu erahnen. Heute lassen wir ein Bild aus den letzten Kapiteln der Bibel auf uns wirken. Es ist die Zusammenfassung der himmlischen Pinselstriche in Altem und Neuem Testament. Dieses Bild ist zugleich Schaubild, Hörbild und 3-D-Bild.

Offenbarung 21,1-7

Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann. Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Völker sein und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu! Und er spricht: Schreibe, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiss! Und er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst. Wer überwindet, der wird es alles ererben, und ich werde sein Gott sein und er wird mein Sohn sein.

Schaubild

Beim Hören dieser Worte entstehen automatisch innere Bilder. Eine neue Erde soll da entstehen. Sie wird nicht mehr geschunden und ausgebeutet, vergiftet und verpestet. Sie steht da in völliger Harmonie, alles passt zusammen, Tiere, Pflanzen und Menschen sind füreinander da und leben im Geben und im Nehmen. Ein neuer Himmel ist geschaffen, der endlich durchlässig ist für Gott. Kein Meer ist mehr, das bedrohen kann mit seinen Stürmen und Untiefen. Eine neue Stadt kommt aus dem Himmel, sie ist festlich geschmückt. Das Zusammenleben der Menschen in dieser Stadt ist geprägt von Liebe, Zusammenhalt, Verbindlichkeit, Hilfe. Die Stadt als Braut richtet den Blick auf Jesus, den Bräutigam. Die ganze Stadt lebt in Beziehung zu Jesus. Menschen haben Vertrauen zu Jesus, wollen nichts lieber, als mit ihm zusammen zu sein.

Die Stadt, die er Seher Johannes uns vor Augen malt, erinnert an die Gemeinde. Ist nicht die Gemeinde Jesu schon ein kleiner Vorgeschmack auf die Stadt vom Himmel? Nicht von Menschen gegründet, in enger Beziehung zu Jesus, geprägt von gegenseitiger Liebe. Ja, Gemeinde kann Vorgeschmack auf das Jerusalem vom Himmel sein.

Mitten in dieser Stadt steht ein Zelt, Luther übersetzte mit „Hütte“. Gott ist unmittelbar bei seinen Menschen. Ein Zelt ist beweglich. Gott zeltet dort, wo er gerade gebraucht wird. Es gibt keine starren Räume mehr, wo man ihn aufsuchen kann, sondern er ist unmittelbar nebenan, Zelt an Zelt.

Schauen wir zu unserer Kirchendecke, so können wir das Zeltmotiv über dem Altarraum entdecken. Die Seiten laufen wie ein Zeltdach zusammen, erinnern uns daran, dass Jesus versprochen hat, mit seiner Gemeinde unterwegs zu sein. 

Schauen wir das Bild an, das Johannes uns malte, entdecken wir den durchlässigen Himmel. Gott wohnt nicht mehr weit weg, sondern mitten bei den Menschen. Seine Nähe bewirkt Festfreude wie bei einer Hochzeit. Die Hochzeit ist ja erst der Anfang einer hoffentlich langen, glücklichen Ehe. So ist dieser Blick auch erst der Anfang auf den Neubeginn Gottes. Geweint werden muss nicht mehr, die Gesichter der Menschen sind entspannt und nicht von Schmerz und Leid gezeichnet.

Hörbild

Gott redet, das Schaubild beginnt zu sprechen. Die Zeltplane öffnet sich, und Gott stellt sich vor. Er ist das A und das O, der erste und letzte Buchstabe des griechischen Alphabets. Wir müssten eigentlich sagen: Gott ist das A bis Z, er war vor Beginn dieser Welt da, und er ist da, wenn die neue Welt kommt. Aber A und O haben in unserer Sprache ja noch eine Bedeutung. Sie sind Laute des Staunens, mit offenem Mund können wir Ah und Oh rufen, wenn wir Gott zu uns ganz direkt und unmittelbar reden hören. 

Er ruft uns zu: „Siehe, ich mache alles neu“. Dabei meint er sicher nicht, dass die alte Welt einfach ersetzt wird wie ein altes Auto durch ein neues. Neu bezieht sich auf einen neuen Zufluss, den diese Welt bekommen wird. Wasser wird fließen, das die Wüste wieder blühen lässt.

Letzte Woche stand ein Artikel zum Toten Meer in Israel in der Zeitung. Durch anhaltende Trockenheit und künstliche Bewässerung, die Wasser aus dem Jordan abzieht, trocknet das Tote Meer allmählich aus. Schon jetzt braucht es Traktoren, die die Touristen in Gondeln ins Wasser ziehen. Doch in absehbarer Zeit wird nur noch eine Salzwüste von diesem einzigartigen See Zeugnis geben.

Hier greift die biblische Verheißung. Gott ersetzt nicht das alte Tote Meer durch ein neues Totes Meer, sondern er legt einen neuen Wasser-Zufluss. Dieses Wasser kommt von ihm, er ist die Quelle. Er stellt dieses kostbare Wasser unentgeltlich zur Verfügung, ohne Gegenleistung. Es ist seine Liebe zu seinen Söhnen und Töchtern, die ihn dazu bewegt, alles für sie zu tun. 

Nun heißt es auch, dass die, die überwinden, in Gottes Stadt als seine Kinder wohnen können. Was bedeutet überwinden in diesem Zusammenhang? Deutlich wird, dass wir auch als Nachfolger und Nachfolgerinnen Jesu kein schmerzfreies, hindernisloses Leben erwarten können. Da liegen Steine im Weg, da ist das Leben hart, da holt man sich blaue Flecken, bleibende Schäden und Herzschmerzen. Doch diese Hürden gehören dazu. Wir sind nicht allein, wenn sie sich uns in den Weg stellen. Jesus gibt uns Mut, sie anzupacken und mit ihnen fertig zu werden. Gerade mit diesen Zeichnungen des Lebens auf unseren Körpern und Seelen sind wir willkommen in Gottes neuer Welt.

Mit einer kleinen Graphik möchte ich das veranschaulichen: VertrauVon der Wiege bis zu unserem Tod, symbolisiert durch die Urne, sind wir eingeschlossen in Gottes liebende Hände, der uns wie ein Kind festhält. "Vertrau", scheint er uns zuzurufen, "dann Jesus ist für dich da". Er war schon vor unserer Geburt da, und er ist nach unserem Tod da. Er heilt nicht jede zerbrochene Schüssel, nicht jeden Bruch und Abbruch. Wir stehen weiter an Gräbern, manches bleibt dunkel und nicht verständlich. Aber er erneuert unseren Draht zu ihm, wir werden an Glaube, Hoffnung und Liebe angeschlossen.

Vor einigen Tagen las ich in der Zeitung einen Artikel über die zukünftige Mobilität auf den Straßen. Der Autor schrieb, dass man sich eine LKW-Spur auf Autobahnen vorstellen kann, die mit einer Oberleitung ausgestattet ist. Zukünfige Elektro-LKWs können an dieser Oberleitung den nötigen Strom bekommen.

Ein schöner Vergleich für unser Leben mit Gott. Wir müssen uns unser Lebens-Benzin nicht immer selbst beschaffen, und wenn wir nicht vorgesorgt haben, bleiben wir liegen. Da gibt es eine Oberleitung, die versorgt uns mit allem, was wir brauchen. Kraft schenkt uns Gott, auch Leid auszuhalten und durchzustehen. Hoffnung gibt er auf ein Leben, das auch der Tod nicht begrenzen kann.

Als seine Söhne und Töchter lädt er uns ein, jederzeit in sein Zelt zu kommen, schon jetzt will er für uns da sein.

3-D-Bild

Lassen wir die Worte der Offenbarung wie ein 3-D-Bild auf uns wirken, sind wir in den Geschehnissen mittendrin. Das Bild hängt nicht irgendwo an der Wand, sondern ist Rettungsring , der uns in ganz konkreten Situationen zugeworfen wird. Die Gemeinde als Zelt Gottes ist schon jetzt mitten unter den Menschen. Sie ist da, um Tränen zu trocknen, sie ist ein Ort, wo der Himmel aufbricht, sie gewährt Frieden in anstrengenden Zeiten.

Sind wir in diesem Zelt, geht es nicht um Leistung, wer schneller oder besser ist oder sein Leben erfolgreicher bewältigt, sondern es geht ums Überwinden. Jesus an der Seite zu haben, wenn schwierige Wegetappen anstehen, hilft, sie zu bewältigen. Er wirft uns den Rettungsring zu, wir sollten nicht hindurch schlüpfen.

Wie aber, so wird sich mancher fragen, geht das, wenn alle Lebenskraft genommen ist? Da braucht es die anderen, die fürbittend eintreten und dadurch Hilfestellung geben, wenn die Hindernisse schier unbewältigbar erscheinen.

Irgendwann sind wir wieder bereit, das vorläufige Zelt „Gemeinde“ zu verlassen und unser Leben anzupacken. Wir können dies gestärkt, weil wir uns neu versichert haben, dass die Liebe Gottes uns trägt, der Rettungsring hält. Gerade auch mit Trauer im Herzen hilft uns dieses Bild von der neuen Welt, in der Gott da ist, uns antworten wird auf alle unsere Fragen.

Cornelia Trick


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