Menschen zu Jesus einladen
Gottesdienst am 28.01.2007

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
heute werden wir uns mit dem dritten Auftrag Jesu an die Gemeinde beschäftigen, das Evangelium weiterzutragen und Menschen in die Nachfolge Jesu einzuladen. Wichtig ist dabei die Reihenfolge. Als erstes ist uns aufgetragen, Gott zu lieben, diese Liebe zu leben und zum Ausdruck zu bringen, als Gemeinde Zeit mit Gott zu verbringen und ihn dabei immer besser kennen zu lernen. Daraus folgt, dass wir uns selbst geliebt wissen und Kraft gewinnen für unsere Nächsten. Sie zu lieben ist unsere zweite Aufgabe. Unsere Nächsten sind die, die auf unserem Weg, vor unserer Kirchentür liegen und Hilfe brauchen. Weil wir selbst erfahren haben, dass Gott uns aufgeholfen hat, können wir uns ihnen mit ganzer Hingabe widmen. Doch ist klar, dass unsere Nächsten nicht nur Verbände, eine Mahlzeit, ein offenes Ohr oder einen PC-Service brauchen, sondern vor allem Jesus Christus, das Licht des Lebens, die Tür zur ewigen Gemeinschaft mit Gott. Jesus selbst hat uns den Auftrag gegeben:

Matthäus 28,19
Gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker!

Dieser Auftrag, Jünger für Jesus zu gewinnen, ist nicht gleichzusetzen mit Werbekampagnen unseres Alltags. Wenn jemand für einen neuen Staubsauger wirbt, klingelt er an der Tür. Er nennt sehr freundlich sein Anliegen und bietet an, mir kostenlos meinen Teppich zu saugen, um mir sein wunderbares Gerät zu demonstrieren. Wenn ich ihn gewähren lasse und am Ende das Gerät kaufe, wird er mein Freund bleiben, zumindest bis ich bezahlt habe, danach wird er mich vergessen. Wenn ich sein Angebot ablehne, wird er zwar äußerlich die Freundlichkeit wahren - denn er hat seinen Job gelernt -, aber innerlich wird er mich abhaken und frustriert weiterziehen.

Wenn wir jemand vom Evangelium erzählen, wollen wir nichts verkaufen, sondern in eine Beziehung einladen. Wir wollen nicht ein neues Buch für den Bücherschrank oder eine Mitgliedschaft in einem Verein anbieten, sondern möchten darauf eingehen, was die Person braucht. Wir werden nicht jemand abhaken, der Jesus nicht folgen will, sondern ihm nahe bleiben und mit ihm weitergehen in der Hoffnung, dass Jesus ihm selbst begegnet und seine Hand fasst. 

Jesus achtet uns Nachfolgerinnen und Nachfolger so, dass er uns in sein Werben und Rufen, Nachgehen und Anklopfen einbezieht. Er möchte, dass Menschen durch andere Menschen mit ihm in Kontakt kommen, Beziehungen wachsen und Gemeinschaft entsteht. So wird aus Einzelnen eine Gemeinde, die den Leib Christi bildet.

Was Evangelisation ist

Um das Wesen von Evangelisation zu ergründen, hilft es, auf Jesus selbst zu schauen. Er war der erste Evangelist. In seiner Begegnung mit einem Besessenen in der Gegend von Gerasa (Lukas 8,26-39) wird das sehr anschaulich geschildert: 
  • Jesus suchte einen Ort auf, der ihm fremd war.
  • Jesus begegnete dort einem Mann, der von einer Legion böser Mächten besetzt war.
  • Jesus erkannte die Not des Mannes, befreite ihn von diesen Mächten, ließ die Mächte auf eigenen Wunsch in die Schweine fahren.
  • Jesus half einem Menschen, der von der Gesellschaft schon aussortiert war, ohne Rücksicht auf materielle Verluste.
  • Leute, die dies sahen, bekamen Angst davor, dass Jesus auch ihr Leben umkrempeln könnte.
  • Der Mann wollte am liebsten bei Jesus bleiben.
  • Jesus schickte ihn zurück in seine Stadt, um die Leute, die vor Jesus Angst hatten, zu Jesus einzuladen.
In der Nachfolge Jesu sind wir aufgerufen, weiterzusagen, was wir mit Jesus erlebt haben. Wir können uns mit ihm aus dem gewohnten und vertrauten Umfeld herauswagen und Menschen aufsuchen, die Jesus nicht kennen. Wir können sie einladen, mit Jesus in Beziehung zu treten, der sie befreien will von Sorgengeistern, Angstträumen und Schuldkomplexen, die wie böse Mächte ihr Leben entstellen.

Und auch sie will Jesus dann in ihre Städte schicken, Neuenhainer Ortsschildum von ihm zu erzählen. Evangelisation geht aus von Christen, die sich von Jesus haben verändern lassen, deren Leben anders geworden ist und denen es andere abspüren, dass sie nicht von Mächten dieser Welt beherrscht werden, sondern Gottes Geist in ihnen wohnt.

So ist Evangelisation die liebevolle Zuwendung zu Menschen, die Jesus in ihrem Leben brauchen. Evangelisation ist eine Lebenshaltung, die anderen die Begegnung mit Jesus ermöglicht und leicht macht.

Evangelisation ist keine Methode oder Programm, das man durchziehen muss, um Punkte für ein Guthabenkonto im Himmel zu sammeln. Evangelisation ist kein Fischen mit besonders schmackhaften Ködern, um die Zahl der Fische im Gemeindeteich zu erhöhen. 

Wie Evangelisieren möglich wird

Der Gerasener hatte keine andere Voraussetzung zum Evangelisieren als seine Erfahrung mit Jesus und den Auftrag von ihm, das Erlebte weiterzusagen. Viele ähnliche Begegnungsgeschichten werden im Neuen Testament berichtet. Und immer erlebten die Menschen, dass Jesus in ihr Leben eingezogen ist und sie mit einer neuen Lebensfreude ausgestattet hatte. Sie konnten nicht anders, als davon weiterzuerzählen.

In keinem Gemeindebrief des Neuen Testament sind die Gemeinden des 1. Jahrhunderts dazu aufgefordert worden, von Jesus zu erzählen, mit Nachbarn und Freunden ins Gespräch zu kommen oder sie zum Gottesdienst einzuladen. Dass solche Ermahnungen fehlten, obwohl die Gemeinden nachweislich wuchsen und viele neue Gemeinden in Kleinasien und Griechenland entstanden, ist wohl darauf zurückzuführen, dass die Christen damals einfach evangelisierten und das Thema für sie ganz selbstverständlich war. Ihre Ausstrahlungskraft war so groß, dass sie von der Umgebung deutlich wahrgenommen wurden und attraktiv wirkten. 

Ein besonderer Evangelist war Paulus, dessen Lebensaufgabe es war, Menschen für Christus zu gewinnen und mit ihnen Gemeinden zu gründen. Im Brief an die Korinther beschrieb er seinen Weg, Menschen für Christus zu gewinnen:

1.Korinther 9,20-22

Wenn ich mit Juden zu tun hatte, lebte ich wie ein Jude, um sie für Christus zu gewinnen. Unter ihnen, die von der Befolgung des Gesetzes das Heil erwarten, lebte auch ich nach den Vorschriften des Gesetzes, obwohl ich selbst das Heil nicht mehr vom Gesetz erwarte - und das nur, um sie für Christus zu gewinnen.  Wenn ich dagegen mit Menschen zu tun hatte, die nichts vom Gesetz wissen, lebte auch ich nicht nach dem Gesetz, obwohl ich doch vor Gott nicht gesetzlos lebe; ich stehe ja unter dem Gesetz, das Christus gegeben hat - und auch das tat ich, um sie für Christus zu gewinnen. Und wenn ich mit Menschen zu tun hatte, deren Glaube noch schwach war, wurde ich wie sie und machte von meiner Freiheit keinen Gebrauch - nur um sie für Christus zu gewinnen. Ich stellte mich allen gleich, um überall wenigstens einige zu retten.

Paulus gehörte allein Jesus. Deshalb war er frei, mit jedem Menschen einen Weg zu teilen, um ihm Jesus nahe zu bringen. So ging er nach Korinth und arbeitete dort als Zeltmacher. Während er arbeitete, lernte er ein jüdisches Ehepaar kennen, das er mit Jesus in Kontakt brachte. Sie wurden Christen und gemeinsam bauten sie über eineinhalb Jahre eine Gemeinde in Korinth auf. Paulus verbrachte seine Zeit mit diesem Ehepaar. Er hätte Anspruch auf Unterhalt von seiner Herkunftsgemeinde gehabt. Doch er verzichtete darauf, um mit den Leuten in Korinth den Alltag zu teilen. Er wurde einer der ihren, um sie für Christus zu gewinnen. Er wird beim Zelte-Nähen nicht die ganze Zeit gepredigt haben, aber sein Leben wird transparent geworden sein, und dieses Ehepaar erfuhr davon, wie Jesus ihr Leben veränderte und welche Kraft nun von ihnen ausging. 

Wir sind nicht Paulus und brauchen es nicht zu sein. Aber wir können von Paulus lernen. Wenn wir jemand etwas von Jesus erzählen wollen, müssen wir einen Weg mit ihm gehen, unser Leben mit ihm teilen. Wir können unseren Mitmenschen nur das weitergeben, was wir selbst erlebt haben, was sich mit unserem Leben deckt. Wenn wir erzählen, wie uns Jesus Kraft geschenkt hat, müssen das unsere Mitmenschen abspüren, sonst sollten wir nicht davon reden. Wenn wir Jesus ganz anders erfahren haben, dann ist das die Botschaft, die bei unseren Mitmenschen ankommt. Wenn wir gar nicht erzählen können, weil wir praktische Leute sind, die sich schwer tun, über ihr Leben zu reden, können wir die Menschen, mit denen wir unterwegs sind, mit anderen Christen zusammenbringen, die die Worte haben, die uns fehlen.

Während Paulus die eineinhalb Jahre in Korinth war, hatte er auch einige Enttäuschungen wegzustecken. Es kamen nicht dauernd neue Leute zum Glauben. Er erlebte, wie wichtig es war, dass Gott eine Tür auftat, damit seine Botschaft ankam. Er wurde sensibel für offene und geschlossene Türen. Wenn wir anderen Jesus nahe bringen, werden wir viel Zeit damit zubringen, um offene Türen zu beten und um den richtigen Moment, wann welches Gespräch dran ist. Mit der Tür ins Haus zu fallen, bringt meistens nicht weiter. Doch wenn eine Tür vielleicht nach einer langen gemeinsamen Wegstrecke geöffnet wird, entwickeln sich die wirklich wichtigen Gespräche. 

Paulus stand nicht unter Zeitdruck und nicht unter Erfolgszwang. Er wurde motiviert durch seine tiefe Erfahrung der Rettung. Wir müssen uns nicht unter Druck setzen. Wenn wir losgehen und dem Auftrag Jesu gehorchen, kommt es nicht auf Schnelligkeit oder Erfolgsquote an, wir bekommen keine Provision für Gerettete. Doch erwartet Jesus, dass wir uns aufmachen, um Leben zu teilen, Beziehungen zu knüpfen, da zu sein, wenn sich die Tür öffnet.

Evangelisieren und Gemeinde

Jesus ruft in die Nachfolge und gliedert ein in Gemeinden. Der Gerasener, der von Jesus geheilt wurde, wird nach Jesu Auferstehung vielleicht auch zu einer Gemeinde gehört haben. Schließlich hielt sich in der Gemeinde das Gedächtnis an ihn, bevor es von den Evangelisten aufgeschrieben wurde. Kein Christ soll allein bleiben, sondern eingewurzelt werden in den Leib Christi. Die Gemeinde ist für den neuen Christen wie die Erde für ein kleines Pflänzchen. Ohne Erde geht das Pflänzchen bald ein.

Doch die Erde muss aufnahmebereit sein. Ist sie hart, wird das Pflänzchen nicht Wurzeln treiben können. Eine harte Gemeinde ist für mich, wenn sie die Bedürfnisse des Neuen ignoriert und erwartet, dass der Neue erst gelernt haben muss, mit den Traditionen der Gemeinde zu leben, bevor er einen Platz bekommt.

Ist die Erde schlammig, wird das Pflänzchen verfaulen. Eine schlammige Gemeinde ist für mich, wenn man sich keine Mühe gibt, der Neuen Halt zu geben, ihr zu helfen, Jesus besser kennen zu lernen. Wenn man ihr nicht sagt, was Glauben bedeutet und wer Jesus für sie sein will.

Als Gemeinde haben wir die Aufgabe, Menschen zu Jesus zu führen und sie in guter Erde "anwachsen" zu lassen. Wie ist unsere Erde beschaffen? Warum geschieht Evangelisation bei uns hauptsächlich unter Jugendlichen? Sind es soziologische Gründe, dass Jugendlichen Freunde sehr wichtig sind, dass sie viel Zeit miteinander verbringen, sich weit voreinander öffnen, noch nicht so festgelegt sind, bereit sind, ihr Leben korrigieren zu lassen? Oder stecken auch geistliche Gründe dahinter, dass mit Ausbildung, Berufstätigkeit und Familiengründung kein Platz mehr ist, um mit Leuten Wege zu teilen? Oder dass Erfahrungen mit Jesus immer mehr in die Ferne rücken und keine Ausstrahlungskraft mehr besitzen? Oder dass wir immer zurückhaltender werden, unsere Erfahrungen als Gotteserfahrungen zu erzählen, weil wir uns naiv vorkommen oder Angst haben, komisch angesehen zu werden? Oder fehlt es uns am Gebet, das um offene Türen bittet, um Sensibilität für diese offenen Türen, weil wir verstrickt sind in eigene Themen?

Evangelisation ist Jesu Auftrag für uns als Gemeinde. Er will Neues aufwachsen lassen in diesem Jahr 2007. Er wird es tun, doch er erwartet von uns, dass wir uns von ihm senden lassen, Menschen mit ihm in Kontakt zu bringen. Als Gemeinde sind wir gerufen, Evangelisation der Einzelnen durch Gebet und Fürbitte zu unterstützen, die Erde aufzulockern, dass Neue Wurzeln schlagen können, unser Gemeindeleben so zu gestalten, dass Neue sich gemeint wissen und keinen Kurs über die Kultur unserer Gemeinde absolvieren müssen, bevor sie Jesus kennen lernen.

Unsere Aufgabe ist es, Menschen für Christus zu gewinnen. Es könnte das Bild einer Gemeinde entstehen, die am Ufer sitzt, ihre Angeln ins Wasser wirft, an denen sehr schmackhafte Köder sitzen, die die Fische eigentlich nicht brauchen. Eine Gemeinde, die einen Angelwettbewerb veranstaltet, wer am meisten gefangen hat. Doch Menschen zu retten lässt uns nicht am sicheren Ufer sitzen, sondern schickt uns selbst ins Wasser, dass wir mit den anderen schwimmen und ihnen zeigen, wo der Meeresarm sich in die Freiheit der Kinder Gottes öffnet und wie sie ins Wasser des Lebens kommen. Sind wir Angelnde oder Mitschwimmende?

Fragen zum Weiterdenken:

  • Empfinde ich bei dem Thema Evangelisation Druck oder erfüllt mich das Thema mit Freude?
  • Wie kann die Gemeinde helfen, dass ich mich aufmache, um Leben mit jemand zu teilen?
  • Was können wir an den bestehenden Veranstaltungen verbessern, um unseren Auftrag zu erfüllen?
  • Welche neuen Ideen gibt es, damit neue Pflänzchen sich einwurzeln können?
  • Wie kann ich mich mit meinen Gaben 2007 einbringen, um Menschen für Christus zu gewinnen?
Cornelia Trick


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