Gottesdienst am 4.6.2017
in Brombach
Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
als Kind nahmen mich meine
Eltern öfter mit zum Hauptbahnhof, um dort Leute abzuholen. Wenn wir
warten mussten, schaute ich mir fasziniert eine große Anlage einer
elektrischen Eisenbahn an, die dort in einem Glaskasten aufgestellt war.
Mit kleiner Münze konnte man die Züge fahren lassen, und wenn
ich Glück hatte, liefen die Züge gerade, Bahnschranken öffneten
und schlossen sich, die Lichter auf den Straßen und in den Häusern
leuchteten wechselseitig auf. War das Geld verbraucht, erstarrte die Landschaft
wieder.
Mit kleiner Münze
wurde ein "Pfingstwunder" im Bahnhof initiiert. Tote Landschaften wurden
lebendig, in die Eisenbahnen kam Bewegung.
Im übertragenen Sinn
feiern wir genau das heute. Der Heilige Geist wurde ausgegossen auf ängstliche
und mutlose Jünger. Sie bekamen eine neue Sprache, die alle verstehen
konnten. Sie hatten Kraft und Ausstrahlung, um in die Welt zu gehen und
auch in fremden Kulturen für Jesus zu werben. Sie hatten einen tiefen
inneren Frieden und lebten ihn, auch wenn sie angegriffen wurden. Sie gründeten
Gemeinden, die zu neuen Familien Jesu wurden. Sie hatten keine Existenzängste
mehr und nahmen auch Verfolgung und Tod auf sich.
Apostelgeschichte 2,1-13
Als das Pfingstfest kam, waren
wieder alle, die zu Jesus hielten, versammelt. Plötzlich gab es ein
mächtiges Rauschen, wie wenn ein Sturm vom Himmel herabweht. Das Rauschen
erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren. Dann sahen sie etwas wie
Feuer, das sich zerteilte, und auf jeden ließ sich eine Flammenzunge
nieder. Alle wurden vom Geist Gottes erfüllt und begannen in anderen
Sprachen zu reden, jeder und jede, wie es ihnen der Geist Gottes eingab.
Nun lebten in Jerusalem fromme Juden aus aller Welt, die sich hier niedergelassen
hatten. Als sie das mächtige Rauschen hörten, strömten sie
alle zusammen. Sie waren ganz verwirrt, denn jeder hörte die Versammelten,
die Apostel und die anderen, in seiner eigenen Sprache reden. Außer
sich vor Staunen riefen sie: »Die Leute, die da reden, sind doch
alle aus Galiläa! Wie kommt es, dass jeder von uns sie in seiner Muttersprache
reden hört? Wir kommen aus Persien, Medien und Elam, aus Mesopotamien,
aus Judäa und Kappadozien, aus Pontus und aus der Provinz Asien, aus
Phrygien und Pamphylien, aus Ägypten, aus der Gegend von Zyrene in
Libyen und sogar aus Rom. Wir sind geborene Juden und Fremde, die sich
der jüdischen Gemeinde angeschlossen haben, Insel- und Wüstenbewohner.
Und wir alle hören sie in unserer eigenen Sprache die großen
Taten Gottes verkünden!« Erstaunt und ratlos fragten sie einander,
was das bedeuten solle. Andere machten sich darüber lustig und meinten:
»Die Leute sind doch betrunken!«
Der Heilige Geist damals
und heute
Der Bericht vom ersten Pfingstfest
kann uns vorkommen wie eine Geschichte aus ferner Zeit. Noch nie habe ich
erlebt, wie sich Feuerflammen auf Köpfen niederließen. Wirkt
der Heilige Geist heute anders als damals?
Letzte Woche war ich bei
jemand zu Besuch und musste ins Bad. Dort sah ich eine Gastherme,
die offenbar für die Warmwasserversorgung der Wohnung sorgte. Früher
hatten wir auch eine solche Therme. Bei ihr konnte man noch die Flammen
sehen. Ganz klein war die Gasflamme, wenn kein Warmwasser gebraucht wurde,
ein loderndes Feuer entfachte sich dagegen bei Stufe 3.
Vielleicht wirkt der Heilige
Geist normalerweise bei uns eher nur wie die Zündflamme für den
Leerlauf. Wir sind Christen und leben in einem von christlichen Werten
und Traditionen geprägten Land. Jeder kann sich eine Bibel kaufen,
es gibt unentgeltliche Glaubenskurse. In einer Kirche mitzuarbeiten bringt
im Lebenslauf durchaus Pluspunkte. Mehr Power, ab Stufe 1, ist häufig
gar nicht nötig.
Die großen Herausforderungen,
wo mehr Heiliger Geist nötig ist, wo wir die große Flamme der
Therme brauchen, zeigen sich erst, wenn unser eigenes Leben und/oder das
unserer Lieben in Schieflage gerät, und wenn wir uns um Menschen kümmern,
die von großer Not betroffen sind. Da merken wir, dass mehr Kraft
nötig ist, als wir sie im Normalbetrieb zur Verfügung haben.
Da sehnen wir uns nach Zuversicht, die wir uns nicht selber geben können.
Da klammern wir uns an die Hoffnung, dass Gott mehr Macht hat als wir und
auch das Schlimmste zum Guten wenden kann.
Das Pfingstfest ist eine
jährliche Erinnerung, dass der Regler in unserer Seele nicht nur die
Zündflammen-Stellung zulässt, sondern durchaus hochzuregeln ist
auf 1, 2 oder 3. Gottes Geist steht zur Verfügung, er wartet auf Einsatz.
Auswirkungen des Heiligen
Geistes auf unser Leben
Gottes Geist bewirkt verschiedene
gravierende Veränderungen im Leben.
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Eine neue Geburt: Bleiben
wir bei den Bildern der Eisenbahn und der Gastherme. Wird ein Mensch von
Gottes Geist zum ersten Mal berührt, ist das zu vergleichen mit dem
Einwurf einer Münze oder dem Streichholz, das die Flamme entzündet.
Weder die elektrische Eisenbahn noch die Gastherme wird ohne Einwirkungen
von außen in Gang gesetzt. Ein Impuls ist nötig. Diesen Impuls
gibt Gott und berührt mit seinem Geist. Das wird von Jesus als neue
Geburt bezeichnet. Jetzt ist eine Standleitung zu Gott geschaffen, die
Kontakt zu ihm herstellt. Sind es bei der Eisenbahn der Strom und bei der
Therme das Gas, ist diese Standleitung zu Gott der Heilige Geist, der uns
mit Jesus und dem Vater im Himmel verbindet.
-
Eine neue Familie: Wer mit
diesem Geist Gottes berührt wurde, ist in Gottes Familie adoptiert
worden. Er oder sie ist nun Kind Gottes, umringt von vielen Geschwistern.
Jesus ist ihm nahe als Bruder, er leitet an und hilft, den neuen Vater
im Himmel kennenzulernen.
-
Familienähnlichkeit:
Wer in einer Familie lebt, nimmt automatisch die Gewohnheiten der Familie,
den typischen „Stallgeruch“ an. So ist es auch mit Christen in der neuen
Familie Gottes. Sie werden Jesus ähnlicher. Die Werte, die Jesus gelebt
hat, werden zu ihren Werten. Gottvertrauen, Liebe zu Gott und den Mitmenschen,
ein aufmerksamer Blick auf die, die übersehen werden, Barmherzigkeit
und Mitgefühl, Klarheit und Standvermögen zeichnen sie aus.
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Familienleben: Kinder Gottes
sind keine Einzelkinder, sondern leben mit Geschwistern in der Gemeinde.
Dort erfahren sie Jesus, können ihre Gaben einbringen, sich stärken
lassen für die Aufgaben, bekommen Hilfe, Wegweisung und Unterstützung,
lernen sich einzuordnen und abzugeben.
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Vielfalt der Gaben: Wenn ein
Kind Gottes in der Gemeinde Jesu fehlt, wird das allen schmerzhaft bewusst.
Jeder und jede ist wichtig. Ich stelle mir gerne ein Haus aus Lego vor.
Das Haus ist die Gemeinde, jeder Baustein ein Kind Gottes. Fehlt ein Stein,
hat das Haus ein Loch, es zieht, regnet rein, Einbrecher können kommen.
Fehlen mehrere Steine, ist am Ende die Stabilität des ganzen Hauses
gefährdet. Wir miteinander sind wichtig und unersetzlich, jeder Stein
hat seinen Platz, er wird getragen und trägt andere, er hat seine
Aufgabe, die allen dient.
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Auf Wachstum angelegt: Das
Haus ist auf dieser Erde niemals fertig, immer wird aus- und angebaut.
Anbauten verändern und fordern heraus, die Heizung muss nachjustiert
werden, Leitungen müssen neu verlegt werden, Möbel verrückt
werden. So ist es, wenn Neue zur Gemeinde Jesu dazu stoßen. Sie halten
alle in Bewegung und schenken neue Möglichkeiten.
Der Heilige Geist
will eingeladen werden
In unserem Gesangbuch befindet
sich eine ganze Rubrik mit Liedern zum Pfingstfest. Nahezu alle Lieder
sind Bitten, dass Gott seinen Geist schicken möge, dass der Heilige
Geist das Vertrauen zu Jesus wieder neu entfacht, dass aus der Sparflamme
ein kraftvolles Feuer werden kann.
Unsere Zweifel werden nicht
mit einem Mal weg sein, die Ängste immer noch in der Seele ihr Unwesen
treiben, Müdigkeit wird uns immer wieder befallen. Aber der Heilige
Geist hat die Kraft, das Vertrauen zu Gott zu stärken. Er bewirkt,
dass wir Zeichen vom Himmel wahrnehmen, Menschen uns Zuspruch geben, Berge
bezwingbar werden. Er schließt uns an Gottes Möglichkeiten an,
die alles übersteigen, was wir uns vorstellen können.
Das Pfingstfest ist ein
Bitt-Fest, dass unsere Züge wieder fahren, die Therme nicht auf Sparflamme
weiterbrennt, sondern mit Stufe 3 Fahrt aufnimmt. Wir brauchen diese Kraft
aus dem Himmel, sonst bleiben wir unter unseren Möglichkeiten.
Pfingsten, volle Kraft
voraus in eine spannende Zukunft.
Cornelia
Trick
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