Gottesdienst am 11.6.2017
in Brombach
Liebe Gemeinde, liebe Schwestern
und Brüder,
eine Bekannte von mir
wohnt mitten in der Innenstadt an einer belebten Hauptstraße. Sie
lebt im Sommer eigentlich hauptsächlich in ihrem Schrebergarten. Er
ist ihr Zufluchtsort und Paradies, hier kommt sie zur Ruhe, fühlt
sich in Einklang mit der Schöpfung und lädt viele gute Freunde
ein, das Paradies mit ihr zu teilen.
Pfingsten ist der Himmel
auf die Erde gekommen, mitten in Jerusalem blühte ein Garten. Die
Menschen waren glücklich und erfüllt mit Hoffnung und Zuversicht,
sie fühlten sich gehalten. Jeder verstand die andere, egal in welcher
Sprache sie zuhause waren. Soziale Unterschiede spielten keine Rolle mehr,
unschöne Geschichten, die man miteinander hatte, waren vergessen.
Diese Paradies-Garten-Gesellschaft hatte eine ungeheure Anziehung. Der
Garten quoll über von Menschen.
Die Apostelgeschichte startet
mit dem Pfingstereignis und beschreibt die weiteren Entwicklungen. Sie
gibt uns damit ein Leitbild, wie die Gemeinde Gottes am Anfang war und
heute immer noch sein kann, ein Garten, um Gott und einander zu begegnen.
Apostelgeschichte 2,42-47
Sie blieben aber beständig
in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und
im Gebet. Es kam aber Furcht über alle, und es geschahen viele Wunder
und Zeichen durch die Apostel. Alle aber, die gläubig geworden waren,
waren beieinander und hatten alle Dinge gemeinsam. Sie verkauften Güter
und Habe und teilten sie aus unter alle, je nachdem es einer nötig
hatte. Und sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel und
brachen das Brot hier und dort in den Häusern, hielten die Mahlzeiten
mit Freude und lauterem Herzen und lobten Gott und fanden Wohlwollen beim
ganzen Volk. Der Herr aber fügte täglich zur Gemeinde hinzu,
die gerettet wurden.
Dem Paradiesgarten Gemeinde
können wir uns von außen ganz langsam nähern.
Gemeinschaft
Gemeinschaft ist ein Kennzeichen
des Gemeinde-Gartens. Wir merken, Gemeinde ist keine typische Schrebergartensiedlung,
wo jeder für sich seine Parzelle pflegt, meistens auch in Konkurrenz
zueinander, wer die größten Radieschen hat. Im Gemeinde-Garten
ist man zusammen am Werk, Hand in Hand werden die Aufgaben erledigt und
gemeinsam die Früchte genossen. Wer mehr hat, investiert das Saatgut
für die anderen. Das eigene Geld wird in das Gemeinschaftsprojekt
investiert, die Leute haben keine extra Kasse für den Garten zuhause.
Hier ist ihr Lebensmittelpunkt, und hier wollen sie es schön machen.
Noch ein Kennzeichen dieser
Garten-Gemeinde-Gemeinschaft ist, dass man sich aufeinander verlassen kann.
Regelmäßig kommen die Leute zusammen, man weiß, wen man
am Sonntag dort trifft. Andere Termine werden um die Gartentermine drum
herum gelegt, nicht andersherum.
Wer in diesem Garten zuhause
ist, fühlt sich sicher. Da sind die anderen, die einem beistehen und
der Eigentümer des Gartens, der immer bereit steht, um zu helfen und
zu schützen.
Brotbrechen
Im Garten Gemeinde ist Essen
ein wesentlicher Bestandteil des Miteinanders. Bei der gemeinsamen Mahlzeit
genießt man die Früchte der Arbeit, lässt sich fallen und
ist offen für ein gutes Wort. Man redet über Gelungenes und Misslungenes.
Brot und Wein werden herumgereicht, und alle schauen auf den leeren Stuhl
am Tisch, der symbolisch für Jesus freigehalten ist. Jesus ist bei
ihnen, er hat ihnen den Garten geschenkt, er sorgt für sie auch jetzt
bei dieser Mahlzeit. Essen und Trinken schenken Kraft und eine neue Sicht
für das, was nötig ist und getan werden muss.
Die Tischgemeinschaft hört
die Zusage des Gastgebers Jesus: „Du bist nicht allein am Rödeln“.
Miteinander und unterstützt von Jesus sind manche Lasten zu schultern.
Die Mahlzeit wird zum Fest
des Lebens. Und Jesus ist mitten dabei, der zusagt, dass er Brot des Lebens
ist, was kann es besseres geben?
Gebet
Wie eine Auszeit von der Gartenarbeit,
dem Unkrautjäten, dem Graben und Pflanzen, Hegen und Ernten erscheint
das Gebet. Bildlich ist das ja leicht vorstellbar. Da sitzt eine mitten
in den Beeten mit dreckigen Händen und verschwitzten Kleidern. Aber
sie macht nicht fließbandmäßig immer weiter, sondern setzt
sich einfach mitten hinein zwischen die Erdbeeren. Sie lässt ihren
Blick schweifen und kommt ins Staunen. So groß ist der Herr! Sie
spürt Jesu Nähe und Liebe, sie schüttet ihr Herz aus und
macht es leer für Jesu Liebe. Nach einer Viertelstunde steht sie wieder
auf und macht mit ihrer Arbeit weiter. Sie ist erfrischt und gestärkt,
ihr Rücken wieder elastischer, als ob jemand eine schlappe Blume gegossen
hätte, die sich wieder aufrichtet.
Dann gibt es Zeiten, wo
sich die Gartengemeinschaft zusammenfindet und miteinander diese Auszeit
mit Jesus genießt. Einer hat den Eindruck, er sollte einer anderen
die Hand drücken und ihr versichern, dass Gott sie im Blick hat. Eine
bekommt neue Ideen für die Gartengestaltung, und einem fallen seine
Arbeitskollegen ein, die er mal in den Garten mitbringen könnte. Diese
Auszeit ist scheinbar unproduktiv und doch in höchstem Maße
produktiv. Wie wenn das Handy still aufgeladen wird, scheinbar ganz inaktiv,
doch richtig stark unter Strom, so ist das Gebet, allein oder gemeinsam:
Gott "lädt uns auf" und macht uns bereit für die nächsten
Aufgaben.
Gerade diese Gebetsauszeiten
können wie ein „Herzlich willkommen“-Schild auf unsere Mitmenschen
wirken. Dass man im Garten arbeitet, ist normal, auch dass gefeiert wird,
weiß jeder, aber dass es diese energiegeladenen Auszeiten gibt, die
offensichtlich so viel bewirken, ist etwas Besonderes. Wie schön,
wenn die Gartenzäune um den Gemeindegarten nicht zu hoch sind und
man von außen hineinschauen kann.
Lehre der Apostel: Erzählen
von Jesus
Die Jünger, die mit Jesus
unterwegs waren und nun Apostel hießen, hatten Jesus selbst erlebt.
Sie erzählten von seinen Wundern, wie er 5000 auf einmal satt machte,
sie erzählten von Heilungen, wie er einmal eine gekrümmte Frau
aufrichtete, und sie wieder ins Angesicht ihrer Mitmenschen schauen konnte,
sie gaben Jesu Worte in der Bergpredigt wieder und erinnerten an sein Gebot,
die Feinde zu lieben. Sie erinnerten an Jesu Vorhersagen, dass der Heilige
Geist die Verbindung zu ihm herstellen würde auch nach Ostern. Sie
hielten mit ihren Ausführungen Jesu Worte und Taten lebendig, denn
eine Bibel, in der über Jesus geschrieben war, gab es ja noch nicht.
Damals hatte dieser Gemeinde-Garten
großen Zulauf. Die Leute fanden Sicherheit in unsicheren Zeiten,
sie wurden vom Heiligen Geist erfüllt und wussten sich in Jesu Nähe
geborgen.
Heute kommt es mir manchmal
so vor, als wäre der Gemeinde-Schrebergarten nicht der wunderbare
Lebensmittelpunkt, der Fluchtpunkt aus Betonwüsten aller Art, sondern
ein eher anstrengendes Erbe, das man eben so gut es geht und weil es die
Pietät gegenüber den Vorfahren gebietet, beackert. Man geht nur
hin, wenn man muss, oder weil man ein bestimmtes Fest dort feiern will.
Wenn wir über das
Pfingstfest und seine Auswirkungen heute nachdenken, wird es ein erster
Schritt sein, uns klarzumachen, wie wir zum Garten Gemeinde stehen. Notwendiges
Übel, das wir geerbt haben, oder Paradies-Garten der Freude und Gottesbegegnung?
Oder irgendetwas dazwischen?
Wir haben unseren Umgang
mit diesem Garten selbst in der Hand.
Nehmen wir das Leitbild
der Gemeinde, dass die Apostelgeschichte uns hier malt, so können
wir Gemeinde mit diesen vier Stichworten gestalten.
-
Die Lehre der Apostel bedeutet
für uns, uns zu vergegenwärtigen, was Jesus uns heute sagen will.
Ich greife mal seine Werte heraus. Jesus sagt, wir sollen unsere Nächsten
lieben. Das ist mehr als Solidarität und Inklusion, denn Liebe sieht
im anderen Chancen und Möglichkeiten, fördert und freut sich
mit dem anderen, leidet mit, wenn eine trauert oder krank ist. Diese Nächstenliebe
gilt nicht nur für die Eigenen und nicht nur für die Garten-Mitbenutzer,
sondern auch für Feinde. Für die, die uns das Lieben schwer machen,
weil sie uns verletzt haben, uns geärgert haben, uns vielleicht sogar
betrogen, belogen oder bestohlen haben und uns nach dem Leben trachten.
Diese Liebe lernen wir von Jesus, und er gibt uns die Kraft dazu, allein
können wir das nicht. Wir brauchen die Jesus-Erde, den Jesus-Dünger,
den Jesus-Sonnenschein und Regen, dass diese Frucht wachsen kann.
-
Gemeinschaft ist nötig,
sonst überfordert uns der Garten. Natürlich sind sich nicht alle
gleich nah und erzählen jedem über ihre inneren Angelegenheiten.
Doch in kleineren Teams sollte es möglich sein. Haben alle im Garten
so ein Team? Eine Gruppe, eine Arbeitsgruppe, einen Kreis, wo sie wissen,
hier bin ich offen, hier darf ich Schwäche zeigen und um Hilfe und
Fürbitte bitten?
-
Die Mahlgemeinschaft, das
gemeinsame Essen, ist sicher heute auch ein wichtiges soziales Mittel,
um einander nahe zu sein. Aber auch übertragen lässt sich Mahlgemeinschaft
leben. Jesus kommt zu uns in Worten der Bibel, Liedern, Texten. Wir können
einander ein Wort per SMS weitergeben, das durch den Tag trägt, Jesus
bewusst einbeziehen auch in unsere Gespräche untereinander, als ob
er uns Brot und Wein reicht.
-
Das Gebet verbindet uns mit
Jesus und ist wichtig wie das Gießwasser. In einem Buch, das ich
mir gerade gekauft habe, werden 99 Gebetsstationen beschrieben, die mit
Gruppen gestaltet werden können. 99 verschiedene Weisen, mit Jesus
ins Gespräch zu kommen. Da wird eine Tapete aufgehängt und im
Anklang an das Lied „10.000 Gründe“ eine 10.000 drüber geschrieben.
Und nun sind die Leute dran, 10.000 Gründe zusammenzutragen, warum
sie Gott loben. Das Gebet ist Auszeit für uns. Wir können
den Garten genießen und uns erholen. Wir müssen nicht rastlos
immer weiterarbeiten, das Gedeihen schenkt der Herr.
Ein älteres Ehepaar aus
Frankfurt erzählte mir von ihrem Garten im Grünen, in dem sie
viele Jahre ihres Lebens in jeder freien Minute zugebracht hatten. Sie
holten ein dickes Fotoalbum herbei und zeigten mir Bilder von Blumen und
Menschen, die mit ihnen den Garten genossen hatten. So ein Ort der Freude,
des Wachsens und der Begegnung möge Jesu Gemeinde sein und werden,
dass wir im Rückblick das Gemeindealbum in die Hand nehmen und
staunend ein Blatt nach dem anderen anschauen, was der Herr Großes
an uns und mit uns getan hat.
Cornelia
Trick
|