Sex, Macht und Mord
Gottesdienst am 23.09.2001

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
letzten Sonntag hörten wir von David, wie Gott im Heil und Gelingen zugesprochen hatte (Predigt über 2.Samuel 7,11b-18). Gott sagte ihm zu: "Bei allem, was du unternommen hast, habe ich dir geholfen und habe alle deine Feinde vernichtet. Ich habe dich berühmt gemacht und du wirst zu den Großen der Erde gezählt. Dir habe ich Ruhm verschafft und deine Feinde von dir fern gehalten. Ich werde dir eine Hausmacht bauen."

Nach solch einer Zusage müsste David eigentlich im Glück geschwebt sein. Und wir lesen auch, dass er zu Gott betete und ihm von Herzen dankte für alles. Wir lesen dann, dass David Gott um Segen bittet, um Gottes Gegenwart und seine Leitung. Können wir nach den bewegten Thronfolgegeschichten beruhigt aufatmen, weil sich alle Spannungen in Wohlgefallen aufgelöst haben? Zunächst sieht es so aus. David regiert mit Gottes Zustimmung. Sein Territorium weitet sich immer mehr aus, die Nachbarvölker werden von David abhängig, das Volk Israel kommt zur Ruhe.

Doch da braut sich ein neues Gewitter zusammen. "Sex, Macht, Mord", diese drei Schlagworte, die auf mancher Titelseite am Kiosk zu finden sind, werden Überschrift der nächsten Stationen Davids. Was uns heute interessieren kann, ist die menschliche Seite. Wie kommt es zu Versuchungen und wie können wir sie besser meistern als David? In einem zweiten Schritt möchte ich etwas noch Spannenderes mit Ihnen bedenken. Wie geht Gott mit Leuten um, die der Versuchung nicht widerstehen konnten und schuldig geworden sind? Doch zunächst zu David und wie alles begann.

2.Samuel 11,1-6

Im folgenden Frühjahr, um die Zeit, wenn die Könige in den Krieg ziehen, schickte David Joab mit seinen Kriegsleuten und dazu das ganze Heer Israels von neuem in den Kampf. Sie setzten den Ammonitern schwer zu und belagerten ihre Hauptstadt Rabba. David selbst blieb in Jerusalem. An einem Spätnachmittag erhob sich David von der Mittagsruhe und ging auf dem flachen Dach des Königspalastes auf und ab. Da sah er im Hof des Nachbarhauses eine Frau, die gerade badete. Sie war sehr schön. David ließ einen Diener kommen und erkundigte sich, wer sie sei. Man sagte ihm: "Das ist doch Batseba, die Tochter Ammiëls und Frau des Hetiters Urija." David schickte Boten hin und ließ sie holen. Sie kam zu ihm, und er schlief mit ihr. Sie hatte gerade die Reinigung nach ihrer monatlichen Blutung vorgenommen. Danach kehrte sie wieder in ihr Haus zurück. Die Frau wurde schwanger und ließ David ausrichten: "Ich bin schwanger geworden!" Da sandte er einen Boten zu Joab mit dem Befehl: "Schick mir den Hetiter Urija her!" Und Joab schickte ihn zu David.

David und Batseba

Die Katastrophe begann völlig harmlos mit einem Mittagsschlaf des Königs. Es beunruhigte David offenbar nicht besonders, dass seine Truppen mit den Ammonitern kämpften und gerade einen Stellungskrieg gegen die Hauptstadt Rabba führten. Er konnte in der Hauptstadt bleiben, seinen Tagesgeschäften nachgehen und die Ruhe genießen. So wundert es nicht, dass er nach dem Mittagsschlaf nicht gleich wieder zum Schreibtisch hetzte oder die Sachen für die nächste Besprechung zusammen packte, sondern noch frische Luft auf dem Dach des Palastes schnupperte. Es musste ein erhebender Anblick für ihn gewesen sein, über die Dächer der Stadt zu schauen und sich zu vergegenwärtigen, dass dies alles zu seinem Königreich gehörte.

Zu seinem Königreich gehörte offenbar auch die attraktive FrauBatseba, der er beim Baden in Nachbars Hof zuschaute. Nach der Mittagsruhe erwachten seine Sinne langsam wieder und mit der frischen Luft gönnte er sich den Anblick auf die Nachbarin, es war wohl ein wahrer Augenschmaus. Kein Wort wird darüber verloren, warum Batseba in der Öffentlichkeit badete. Hatte sie dadurch Mitschuld an Davids Gedanken? So wie es das Sprichwort sagt: "Gelegenheit schafft Diebe..."

Die biblische Geschichtsschreibung hatte wohl kein Interesse, hier Schuld aufzuteilen oder gar Davids Schuld zu mindern, weil Batseba sich ihm scheinbar andiente. Das Bad musste nicht zwangsläufig zur Sünde führen. David als Person mit einem freien Willen konnte sich für oder gegen die Sünde entscheiden. Schauen wir voraus auf das, was Jesus zu diesem Thema sagte. In der Bergpredigt ging er auf das Thema Ehebruch ein (Matthäus 5,27-32). Für Jesus war klar, Ehebruch beginnt nicht erst im Bett. Ehebruch spielt sich bereits in den Gedanken ab. Begonnen hatte Davids Desaster demnach, als seine Blicke auf Batseba ruhen blieben und er dem Verlangen Raum gab, mit dieser Frau intim zu werden. So ließ er dann auch Batseba zu sich bringen, obwohl er wusste, dass sie verheiratet war. Und nun gab es für die nächsten Schritte kein Halten mehr.

Batseba wurde schwanger und David musste sich eine List ausdenken, um sein Kind dem rechtmäßigen Ehemann unterzuschieben. Der war nun gerade an der Front. Also ließ der fast allmächtige König den tüchtigen Soldaten in Jerusalem antreten. Zwei erfolglose Versuche machte er, Urija zu seiner Frau zu schicken. Urija wollte bei seiner Truppe bleiben, er verzichtete auf die vom König eingeräumten Privilegien. Warum? Auch das bleibt im Dunkeln und ist offensichtlich nicht wichtig, um die Geschichte zu verstehen. David missbrauchte seine Macht auch für den nächsten Schlag. Er ließ Urija in die erste Frontlinie stellen und gab ihn zum Abschuss frei. Sein Plan gelang, Urija war ein toter Mann, Batseba frei für David. Und spätestens da halten wir bestürzt inne. Was Gott damit einverstanden? Gab er sein Ja zu diesen Winkelzügen, die zu Mord führten?

Doch auch etwas anderes lässt uns innehalten. Ist das hier wirklich eine Geschichte aus alter Zeit oder nicht vielmehr eine Geschichte von heute - mit anderen Schauplätzen, anderen Machtverhältnissen, aber genauso viel Lüge und Leid? In dieser Geschichte können wir in beiden Rollen mitspielen, zum Beispiel als Batseba, die willig den Angeboten des Bewunderers folgt. Wenn ich Anerkennung bekomme und gelobt werde, lohnt sich doch der kleine Ausflug über verbotenes Land. Oder auch in diesem Doppelspiel, dass ich gegenüber meinem Ehemann nicht mit offenen Karten spiele. Batseba ließ David wissen, dass sie schwanger war. Sie hielt es wohl für besser, dass ihr Ehemann nichts davon erfuhr. Hier hätte Batseba noch einmal die Weiche in eine andere Richtung stellen können. Und wie oft werden wir genauso schuldig, halten Informationen zurück, besprechen unsere Herzensangelegenheiten mit anderen statt mit dem eigenen Ehemann. Und irgendwann ist es dann zu spät, das Vertrauen ist zerrüttet.

Schauen wir auf David, werden wir uns ebenso wiederfinden können. Die Augen umherschweifen zu lassen, ist zwar nicht verboten. Aber im Hinterkopf könnte der Gedanke ruhen, ob sich nicht noch was Besseres findet. Und mit diesem Gedanken werden die Augen sicher an einem Objekt der Begierde hängen bleiben und genau dieses muss es dann sein. Das Verhalten habe ich neulich sogar im Spielzeugladen beobachtet. Da sagte eine Frau, die offensichtlich die Oma war, zum Kind, "hier hast du 5 DM, such dir noch was aus." Und das Kind, das bis dahin mit der Oma friedlich in der Warteschlange stand, wurde auf einmal ganz hektisch, schleppte immer größere und teurere Packungen an und ließ sich schließlich kaum noch zu einem 5-DM-Legopäckchen bewegen.

Sollte es uns Erwachsenen da so anders gehen mit Sex, Macht und Geld? Davids Interesse schien sogar noch angefacht, als er erfuhr, dass die begehrte Dame verheiratet war. Das scheint zunächst unverständlich. Wenn ich weiß, dass die begehrten Früchte dem Nachbarn gehören, werde ich mich nicht an ihnen vergreifen - oder dann gerade? Es soll vorkommen, dass das Verbotene gerade lockt. Und das geht auch nicht nur Kindern mit den Kirschen auf dem Baum im anderen Garten so. David verstrickte sich darauf in ein Netz aus Lüge und Intrige. Wir werden Zeugen eines fast zwangsläufigen Geschehens, an dessen Ende Mord steht. Wer kennt das nicht, dass die eine Lüge andere nach sich zieht. "Schatz, ich muss heute länger im Büro bleiben...", aus diesem Satz haben sich schon viele Dramen entwickelt und auch bei ihnen stand der Tod der Ehe am Schluss.

Doch vielleicht sagen Sie, nein, ich bin weder Batseba noch David. Ich rechne aber ein, dass ich auch mal in eine solche Situation kommen könnte. Deshalb lege ich mich lieber nicht fest. Ich lasse meine Beziehungen in der Schwebe, um jederzeit aussteigen zu können. Hätte das David und Batseba geholfen? Ich meine nein. Denn "Ehe" ist keine Größe, die das Gesetz diktiert. Ehe ist ein Vertrauensverhältnis, ein bedingungsloses Ja zum anderen. Aus diesem Ja kann man nicht aussteigen, ohne zu verletzen und ein Band zu brechen.

Jesus sagte damals in der Bergpredigt, dass wir alle solche Batsebas und Davids sind. Dass wir alle nicht frei von Schuld sind und keine und keiner sagen kann: Mir passiert das nicht! Umso wichtiger ist es an dieser Stelle, ganz kurz auch das zu nennen, was uns helfen kann, rechtzeitig die Weichen umzustellen und aus der Verstrickung einen Weg zurück zu finden. Denn - das wird hier auch klar - David wurde nicht zwangsläufig Opfer seiner Begierde. Er hatte einen freien Willen.

Treue, so las ich dieser Tage, ist kein Gefühl, Treue ist ein Willensakt. Ich habe Ja zu meinem Mann gesagt und dabei will ich bleiben. Treue ist für mich als Christin zugleich Glaubensakt. Denn weil Gott mir in Jesus Christus treu ist, bekomme ich die Kraft von ihm, treu zu bleiben auch in der Versuchung. Nur so macht es Sinn, im Vaterunser den Satz zu beten "und führe mich nicht in Versuchung...". Diese Kraft zur Treue bekomme ich im Gebet und in der Stille vor Gott. Und wenn ich mich da nur selbst höre, dann kann ich einen Seelsorger bitten, mit mir zu beten und mir Gottes Kraft zuzusprechen. Vielleicht ist die Lösung dann so einfach wie bei Josef in Ägypten. Der lief in einer ähnlichen Situation einfach weg von der Frau, die ihn verführen wollte (1.Mose 39). Vielleicht hilft schon ein Blick auf die Vergangenheit. Das Gute, das der Herr nicht nur ins eigene Leben, sondern auch in das Leben zu zweit gelegt hat, das kann wieder neu dankbar und zufrieden werden lassen. Nicht ohne Grund wird der jährliche Hochzeitstag in unseren Breiten gefeiert. Ein Stationstag, der erinnert, dass wir nicht aus Pflichtgefühl zusammen gekommen sind, sondern uns eine Liebe verband und wir Ja gesagt haben.

Gott und David

Doch lassen wir uns noch weiter zu einem Perspektivenwechsel führen. Nathan war ein guter Freund Davids und sein geistlicher Berater. Er war von Gott beauftragt, dessen Missfallen über Davids Eskapaden zum Ausdruck zu bringen. Er erzählte David folgende Geschichte:

Der Reiche hatte sehr viele Schafe und Rinder; aber der Arme hatte nichts als ein einziges kleines Schäflein, das er gekauft hatte. Und er nährte es, dass es groß wurde bei ihm zugleich mit seinen Kindern. Es aß von seinem Bissen und trank aus seinem Becher und schlief in seinem Schoß, und er hielt's wie eine Tochter. Als aber zu dem reichen Mann ein Gast kam, brachte er's nicht über sich, von seinen Schafen und Rindern zu nehmen, um dem Gast etwas zuzurichten, der zu ihm gekommen war, sondern er nahm das Schaf des armen Mannes und richtete es dem Mann zu, der zu ihm gekommen war. (2. Samuel12,2-4)

Mit dieser Fabel rief Nathan bei David das Aha-Erlebnis hervor. Er sprach ihm auf den Kopf zu "Du bist der Mann! Du hast mit deiner Tat den Herrn verhöhnt, du hast seine Gebote missachtet, obwohl dir Gott doch schon alles geschenkt hat." 

Wir brauchen genau wie David einen Nathan, der uns auf den Kopf zusagt: Du bist der Mann, du bist die Frau!

Das ist Jesus Christus. Er tritt uns gegenüber und rückt uns zurecht. Er öffnet uns die Augen über unsere Situation. Er lässt uns nicht in falscher Selbstsicherheit schmoren, die nur weiter ins Verderben führt. Lassen wir Jesus Christus so zu uns sprechen? Hören wir hin, wenn er heute den Finger auf die Lüge in unserem Leben legt? Oder weichen wir aus und schieben ihn weg?

Nathan kam zu David, um ihn zu retten, nicht um ihn zu strafen. Er wollte ihn mit Gottes Hilfe aus der Sünde und Lüge herausholen. Er wollte ihn aus dem Teufelskreis befreien und in ein neues Gottesverhältnis stellen. Und David begriff. Er bekannte sich schuldig vor Gott. Er ließ sich von Gott frei sprechen und fand für sein Leben wieder die Mitte.

Ganz erstaunlich ist der Schluss dieser Geschichte. Den Sohn verloren David und Batseba kurz nach der Geburt. Der Sohn, der auf einem Lügengebäude gezeugt war, hatte keine Zukunft auf dieser Erde. Aber Gott gab der Liebe Davids und Batsebas eine Chance, als die Schuld bereinigt war. Der zweite Sohn erhielt den Namen "Salomo", das heißt auf Deutsch "Gottfried". Er war das Symbol des Friedens, den Gott mit David geschlossen hatte. Salomo war die Überschrift über einer neuen Epoche.

Die Geschichte Davids ist eine wichtige Lektion für uns:

  • Wer Schuld eingesteht, zentriert sein Leben neu auf Gott.
  • Die Konsequenzen der Schuld werden damit nicht ausgelöscht. Aber Gottes Barmherzigkeit verändert sie.
So sind David und Batseba im Stammbaum Jesu und weisen auf ihn hin. Sie sind heil geworden, so wie wir mit Jesus heil werden können.

David und Batseba ist keine Moralgeschichte, sondern eine Lebensgeschichte. Jesus ist gekommen zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.

Cornelia Trick


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