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Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
So schließt folgerichtig die nächste Bitte des Vaterunsers an: Matthäus 6,12
Im Zusammenhang lautet diese Bitte: „Vergib uns, dass wir das geschenkte Brot nicht geteilt haben.“ Obwohl wir wissen, dass Gott uns immer versorgt und genug zum Leben gibt, misstrauen wir ihm und sitzen auf seinen Gütern, statt sie weiterzugeben. Als Christen beten wir diesen Satz innerhalb des Vaterunsers, obwohl wir sicher sind, dass Jesus unsere Schuld am Kreuz ein für allemal vergeben hat. Wenn wir aufs Kreuz schauen, wissen wir uns gerettet und befähigt, ein neues Leben ohne Altlasten zu führen. Warum also bitten wir immer wieder um die Vergebung unserer Schuld? Auch wenn unser Verhältnis zu Jesus eng ist, wir an seiner Hand laufen, besteht die Gefahr, seinen Segen für uns zu behalten. Leicht urteilen wir selbstgerecht über andere, die mit uns im Boot sitzen. Wir halten an der Schuld anderer fest, obwohl wir von Gottes Vergebung leben. Wenn wir Gott um Vergebung bitten, dann aus der Erfahrung, dass wir gegen unser besseres Wissen handeln, Jesu Neuanfang mit uns ausschlagen. Wir bitten Gott um Vergebung und halten ihm praktisch unsere kleinen Schritte der Vergebung als Anreiz hin: „Sieh, Vater, auch wir vergeben im Kleinen, wie wirst du erst uns vergeben wollen, der du uns als deine Kinder liebst.“ An dem zweiten Teil dieser Bitte bin ich hängengeblieben. Es hört sich ja selbstverständlich an. Gott vergibt, wie wir vergeben. Doch ist unser Vergeben selbstverständlich? In der Urgeschichte, 1.Mose 4,23, ist vom Gesetz des Lamech die Rede, das eine Spirale der Gewalt beschreibt, wohl eher der Normalfall unter uns Menschen: „Ich töte einen Mann für meine Wunde und einen Jungen, wenn mich jemand schlägt! Ein Mord an Kain verlangt als Rache sieben Menschenleben, für Lamech müssen 77 sterben.“ Die Bitte des Vaterunsers zielt auf Veränderung. Gottes Vergebung geht einher mit unserem Verhalten und kehrt das Gesetz des Lamech um. Nicht 77-mal sollen wir uns rächen, sondern sieben mal 70-mal vergeben (Matthäus 18,22). Dabei macht es wenig Sinn, bis 490 zu zählen. Die Zahl steht symbolisch für unser Verhalten, weil wir unüberschaubar verletzen und verletzt werden. Vergebung kann nicht aufgerechnet werden, sondern ist eine Lebenshaltung weit über konkrete Anlässe hinaus. Möglich wird diese Haltung durch die Kraft des Geistes Gottes, der uns über die Klippen unserer eigenen Verletzlichkeit, unserer eigenen Möglichkeiten und Gefühle hinweghilft. Was ist nun Vergebung konkret?
Einen Schuldschein zerreißen? Ein schwarzes Blatt mit weißer
Farbe überdecken?
Vergeben bedeutet nicht
zu verstehen
Wenn wir ein schuldhaftes Verhalten vergeben wollen, das wir verstehen und uns erklären können, ist das normalerweise unproblematisch. Wir bauen keine Rachegefühle auf, wissen ja von uns selbst, dass auch wir nicht makellos sind. Die Beziehung ist nicht infrage gestellt. Viel schwieriger ist zu vergeben, wo ich eigentlich zum Gegenangriff übergehen würde. Wenn mir mein Vorgesetzter nicht nur einmal über den Mund fährt, sondern ständig. Wenn mein Auto jeden Tag von der anderen Familie angemackt wird. Wenn mein Nachbar ständig mit mir schimpft. Dann ist Gottes Kraft nötig, aus eigener schaffe ich das nicht. Vergeben heißt nicht,
den anderen zu ändern
Vergeben ist nicht gleich
Vergessen
Vergeben geht nicht einher
mit Versöhnen
Vergebung verläuft in drei Phasen: 1 Entscheidung
2 Neues Sehen und Fühlen
3 Gutes wünschen
Nach diesen 3 Phasen ist der Stall der Seele ausgemistet, und ich bin bereit für Neues. Die Vergebung Jesu ist angekommen und hat gewirkt. Vergleichbar ist sie dem Waschpulver. Mit Waschpulver muss an den Flecken nicht lange gerubbelt werden, das Pulver wirkt auch ohne Gewalt. So wirkt Gott an uns, ohne Rubbeln, ohne Gewalt, er reinigt uns in der Tiefe und macht uns neu. Gottes Vergebung und die Vergebung untereinander ist ein Kreislauf. Gottes Freude, uns zu vergeben, wird entfacht, wenn wir vergeben. Welche Hausaufgabe gibt Gott mir? Wer und wessen Schuld belasten mich? Wo muss ich selbst Schuld loswerden und um Vergebung bitten? Kraft für diese Aufgaben gibt der Heilige Geist, ihn können wir bitten, uns zu erfüllen und mit uns die ersten Schritte zu gehen. Wie das tägliche Brot brauchen wir diese Heilung unserer Beziehungen, damit wir fröhlich unseren Weg in die Zukunft fortsetzen können, ohne Ballast, der uns die Luft zum Atmen raubt. Cornelia
Trick
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