Bei Tisch wird selten geschwiegen (Lukas 22,24-38)
Gottesdienst am 9.4.2017 in Brombach

Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder,
manche von uns haben vor einigen Wochen den Film über Katharina Luther, die Ehefrau von Martin Luther, im Fernsehen gesehen. Gezeigt wurden auch verschiedene Szenen bei Tisch, wo Martin Luther zusammen mit Familie und Studenten aß und diskutierte. Im Gegensatz zu den Tischgemeinschaften, die er als Mönch schweigend erlebte, war die Atmosphäre locker, man sprach über das, was anstand, auch theologische Themen ohne Tabus. Einige Studenten notierten Aussagen Luthers und veröffentlichten sie nach seinem Tod. Diese „Tischreden“ Luthers sind heute eine Fundgrube für das, was Luther damals bewegte und was er dachte.

Das Haus Luther war sicher nicht das erste, in dem solche Gespräche stattfanden. Vielleicht hatte er diese Form des Redens sogar von Jesus übernommen, denn viele Aussagen von Jesus sind während Tischgesprächen gefallen. Besonderes Augenmerk legen wir heute auf ein Gespräch Jesu mit seinen Jüngern nach seinem letzten Mahl mit ihnen, das der Evangelist Lukas überlieferte. Jesus hatte den Jüngern beim Abendmahl zugesagt, dass er sich für sie hingab, damit sie leben konnten, Brot des Lebens wollte er für sie sein. Der Kelch war für ihn ein Zeichen der Versöhnung. Gott vergab und schenkte einen Neuanfang, weil Jesus alle Schuld der Welt ans Kreuz getragen hatte. 

Die Gespräche bei Tisch drehten sich um diesen Neuanfang. Welche Themen würden wichtig sein, wenn Jesus nicht mehr da war? Jesus bereitete seine Freunde auf die Zeit danach vor.

Lukas 22,24-30

Es kam unter ihnen auch ein Streit darüber auf, wer von ihnen als der Größte zu gelten habe. Da sagte Jesus zu ihnen: »Die Könige üben Macht über ihre Völker aus, und die Tyrannen lassen sich sogar noch 'Wohltäter des Volkes' nennen. Bei euch muss es anders sein! Der Größte unter euch muss wie der Geringste werden und der Führende wie einer, der dient. Wer ist denn größer: der am Tisch sitzt oder der bedient? Natürlich der am Tisch! Aber ich bin unter euch wie der Diener. Ihr habt mit mir durchgehalten in allen Prüfungen, die ich zu bestehen hatte. Dafür werde ich euch an der Herrschaft beteiligen, die mein Vater mir übertragen hat. Wenn ich meine Herrschaft angetreten habe, werdet ihr an meinem Tisch essen und trinken und über die zwölf Stämme Israels herrschen.«

1.Thema: Dienen

Gerade noch hatten die Jünger Abendmahl gefeiert, schon kamen sie sich in die Haare. Dieses Phänomen habe ich schon öfter beobachtet. Einmal gab es Krach wegen eines Parkplatzes, den ein junger Mann zugeparkt hatte, er war knapp zum Gottesdienst gekommen, und die zugeparkte Frau schrie ihn an, statt sich darüber zu freuen, dass er da war. Einmal gab es Krach in der Gemeindeküche, jemand hatte vergessen, Kekse zu besorgen. Und manchmal entsteht der Streit im Auto auf der Heimfahrt scheinbar aus dem Nichts. So innig war man im Gottesdienst mit dem Heiligen Geist erfüllt, das Herz ist weich und offen, da sind wir ganz besonders verletzlich und angreifbar. 

Hier entsteht der Streit an der Frage, wer in der Jüngerschaft das Sagen hat. Wer wird einmal Chef der Truppe werden? Jesus nennt sich selbst als Vorbild. Er sitzt nicht am Tisch bei den anderen, sondern bedient. Er sieht nicht darauf, den Teller zuerst gefüllt zu bekommen, sondern füllt die Teller der anderen. So, sagt Jesus, soll der Umgang in der Gemeinde sein. 

Nicht unsere eigene Position ist entscheidend. Egal, ob wir Chorleiter, Sänger oder Zuhörende in der Gemeinde sind, unsere innere Einstellung ist entscheidend. Wir nehmen Aufgaben wahr, um einander damit zu dienen, um für Menschen da zu sein, die Gott uns vor die Füße legt. Wir arbeiten nicht, um unser Selbstwertgefühl aufzupeppen oder anderen zu sagen, wo es langgeht. Wir hören darauf, was Gott von uns will. Manchmal sind wir dran mit Tischdienst, manchmal sind wir die, die empfangen und sich bedienen lassen.

In der Gruppe „Entspannung für Körper und Seele“ gibt es eine Übung, bei der wir uns im Kreis zu einer Seite drehen. Das heißt, ich sehe die Frau zu meiner Rechten, und die Frau links von mir sieht mich. So soll es in der Gemeinschaft von Christen sein. Ich diene dir und eine andere dient mir. Wir helfen einander nicht, damit wir geholfen bekommen, sondern in der Gewissheit, dass Gott für uns sorgen wird, wir deshalb loslassen können und die Hände frei für andere haben. 

Jesus sagt also auf die Frage, wer der Größte unter uns ist: der oder die, die sich dem Du zuwendet und keine Angst um sich selbst hat. Das ist ein geistlicher Prozess, den wir lebenslang lernen müssen. Keiner wird leer ausgehen, weder in dieser Welt noch in der kommenden. An Jesu Tisch werden wir satt werden und uns mit dem Blick auf das Du für größere Verantwortung im Himmel qualifizieren.

Lukas 22,31-34

»Simon, Simon! Pass gut auf! Gott hat dem Satan erlaubt, euch auf die Probe zu stellen und die Spreu vom Weizen zu scheiden. Aber ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube an mich nicht aufhört. Wenn du dann wieder zu mir zurückgefunden hast, musst du deine Brüder und Schwestern im Glauben an mich stärken!« Petrus antwortete: »Herr, ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis zu gehen, ja mit dir zu sterben!« Jesus antwortete: »Ich sage dir, Petrus, noch ehe heute der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen und behaupten, dass du mich nicht kennst.«

2.Thema: Versagen

Wie mit einem Vergrößerungsglas schauen wir auf Petrus. Vielleicht wird er deshalb hier in den Mittelpunkt gestellt, weil das Thema „Chef“ angesprochen wurde. Jesus bereitet darauf vor, dass böse Kräfte die Jünger durchschütteln werden. 

Diese Erfahrung machen wir auch. Der Boden wird uns unter den Füßen weggerissen, wir kommen ins Schleudern, fallen und tun uns weh. Wir wollten das Gute, aber konnten es aus eigener Kraft nicht verwirklichen. Und Gott, der wirkt wie von uns abgeschnitten. 

Jesus benennt diese Situation ganz realistisch. Er verspricht Petrus nicht, ihn davor zu bewahren. So bekommen auch wir keine Garantie für ein sorgenfreies Leben. Aber Jesus sagt Petrus zu, dass er für ihn beten wird. In Zeiten auf dem stürmischen Meer sind wir nur scheinbar haltlos, denn Jesus hat längst den Rettungsring geworfen, er betet und legt damit das Sicherheitsnetz um Petrus und uns. 

Petrus wird zugesagt, dass er einen Neuanfang machen wird. Seine zukünftige Aufgabe wird auch umrissen. Nicht der Chef wird er sein, sondern seine Glaubensgeschwister stärken. Nicht über sie herrschen wird er, sondern hinter ihnen stehen und ihnen ein Rückgrat sein, sie festhalten und ermutigen. 

Damit wird Petrus zu einer Identifikationsfigur für uns. Jesus wird uns beistehen in stürmischen Zeiten, für uns beten, bei Gott für uns einstehen. Wenn wir durch diese Zeit durchgekommen sind, sollen wir unsere Erfahrung anderen weitergeben, sie ermutigen, für sie beten und sie stützen. Wir müssen nicht selbst der Rettungsring sein, sondern Jesus bitten und vertrauen, dass er hält.

Lukas 22,35-38

Dann fragte Jesus die Apostel: »Als ich euch ohne Geldbeutel, Vorratstasche und Schuhe auf den Weg schickte, habt ihr da an irgendetwas Mangel gehabt?« »Nein, an nichts«, sagten sie. Jesus erwiderte: »Von jetzt ab gilt etwas anderes: Wer einen Geldbeutel hat, soll ihn mitnehmen, und wer eine Vorratstasche hat, ebenso! Wer nichts hat als sein Obergewand, soll es verkaufen und sich ein Schwert dafür beschaffen. Denn ich sage euch, es muss an mir in Erfüllung gehen, was in den Heiligen Schriften steht: 'Er wurde unter die Verbrecher gezählt.' Mit mir geht es jetzt zu Ende.« Die Apostel sagten: »Herr, da haben wir zwei Schwerter!« Jesus antwortete: »Ihr versteht mich nicht.«

3.Thema: Vorbereiten

In einem dritten Gesprächsgang geht es um die Zukunft der Jünger. Jesus wird nur noch ein paar Minuten mit ihnen unterwegs sein. Harte Tage werden nun kommen. Was sie bei der Aussendung zusammen mit 60 anderen Sympathisanten Jesu geprobt hatten (Lukas 10), wird jetzt Ernstfall. Sie sollten sich vorbereiten, wie man sich auch für Expeditionen vorbereitet. Geld, Proviant und eine Waffe waren die normalen Ausrüstungsgegenstände der damaligen Zeit. Heute würde Jesus vielleicht sagen: Nehmt Geld, euren Personalausweis, die Scheckkarte, eine Zahnbürste, euer Smartphone, ein Taschenmesser, einen Schokoriegel und Wasserflaschen mit.

Die Jünger blieben bei der Aufzählung offensichtlich beim Schwert hängen, wahrscheinlich, weil es der überraschendste Gegenstand war. Hatten sie doch von Jesus stets gehört, sie sollten gewaltfrei ihre Feinde lieben. Was also sollte das Schwert? Und will Jesus gar, dass wir mit dem Schwert missionieren? Nein, das will er nicht. Wenig später im Garten Getsemane schlägt einer der Jünger einem Soldaten das Ohr ab. Jesus heilt es und verbietet ein gewaltsames Einschreiten gegen die Römer. Seine Verkündigung schließt das Schwert aus, wir sollen anderen mit Liebe begegnen, nicht mit Gewalt. Im Epheserbrief wird das Schwert dann auf das Wort Gottes bezogen. Gott kämpft nicht mit scharfen Waffen aus Metall, sondern mit seiner Zusage der Vergebung, des Neuanfangs und der Liebe.

Die Jünger haben die Redensart Jesu wörtlich genommen, sie verstanden nicht, dass Jesus hier einfach sagen wollte: Bereitet euch vor auf härtere Zeiten. So beendet er das Gespräch, das abzugleiten droht: Ihr versteht mich nicht.

Wichtiges hatten die Jünger überhört, dass Jesus, der Knecht Gottes, der von Jesaja angekündigt wurde, sterben würde, um sie vor dem ewigen Tod zu bewahren.

Welche Vorbereitung treffen wir für härtere Zeiten in unserem Leben?

Wir sollten Jesus gut kennen, das heißt immer wieder nachlesen, was über ihn in der Bibel steht. Wir sollten die mit unserer Fürbitte unterstützen, die in Missionssituationen sind und Stärkung brauchen. Wir sollten uns immer wieder in die Wärme der Gegenwart Gottes, vermittelt durch Schwestern und Brüder in der Gemeinde, flüchten, damit wir den Rettungsring Jesu spüren können.

Welches Thema würde Jesus bei uns am Tisch ansprechen? Vielleicht ist es ein Impuls für diese Karwoche, uns bewusst zu werden, was bei uns aus Jesu Sicht dran sein könnte.

Cornelia Trick


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