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Liebe Gemeinde, liebe Schwestern
und Brüder,
Vorhin hörten wir in der Lesung Jesus, wie er vom Gebet redete, und sein Fazit war: „Wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist geben denen, die ihn bitten!“ (Lukas 11,13) Der Heilige Geist wurde zu Pfingsten ausgegossen, Glaube an Jesus und die Gemeinde entstanden. Doch der Heilige Geist will immer wieder ausgegossen werden, wie beim Blumengießen reicht das erste Gießen des jungen Pflänzchens nicht, es braucht regelmäßig Wasser. So braucht die Gemeinde regelmäßig den Heiligen Geist. Sie kann nur mit diesem Geist wachsen, in der Dunkelheit leuchten, anderen Heimat, Wärme und Orientierung geben. Der Heilige Geist schenkt den Zusammenhalt in der gemeinsamen Aufgabe, die Gott gibt. Doch diese Bitte um den Heiligen Geist muss ehrlich geschehen. Wenn wir im Herzen lieber alles so haben, wie es immer war, sollten wir ihn nicht erbitten. Denn er kann sich ergießen wie das Hochwasser, das wir in diesen Tagen gerade am Main hatten. Der Heilige Geist kann alles Gewohnte und Liebgewordenes, manches Verborgene im Keller überspülen, wegreißen und zerstören. Der Heilige Geist kann auch so zart kommen, dass wir mit unserem Segelboot „Gemeinde“ erstmal keinen Zentimeter von der Stelle kommen, sondern hin und herdümpeln und dabei Geduld lernen. Das Gebet um den Heiligen Geist ist immer voller Überraschungen, aber es bereitet vor auf das, was Gott mit der Gemeinde bewegen will. Das erste uns überlieferte Gemeindegebet markiert einen Einschnitt in der Urgemeinde. Bis dahin war die Gemeinde ein Erfolgsmodell. 3000 waren nach der ersten Predigt von Petrus zum Glauben gekommen. Als der gelähmte Mann an der schönen Pforte des Tempels in Jerusalem von Petrus und Johannes geheilt worden war, stieg die Zahl der Jesusanhänger sogar auf 5000. 5000 Menschen hatte Jesus mit 5 Broten satt gemacht, 5000 gehörten zur jungen Gemeinde, die von Jesus, dem Brot des Lebens, gesättigt wurden. Der Heilige Geist brach wie ein reißendes Hochwasser über Jerusalem herein, riss Menschen aus ihrem gewohnten Leben in die Nachfolge Jesu mit und brachte die bestehende Ordnung ganz schön durcheinander. Kein Wunder, dass sich Widerstand regte. Man nahm die Aufrührer Petrus und Johannes fest und stellte sie vor das Gremium, das schon den Tod Jesu beschlossen hatte. Doch jetzt mit einem gewaltigen Unterschied. Damals verleugnete Petrus Jesus dreimal, als er vor dem Hohen Rat im Hof wartete, nun hieß es, dass Petrus voll des Heiligen Geistes war. Und so legte Petrus vor diesem mächtigen Gremium dar, dass es nur einen Weg zu Gott gibt, nur im Glauben an Jesus. Dieser Auffassung musste der Hohe Rat widersprechen, aber sie waren verunsichert. Einfache Fischer maßten sich an, so mutig von Jesus zu sprechen, und draußen warteten 5000 Leute auf sie. Ein Aufstand war möglich. So ließen sie die beiden lieber frei, verhängten ihnen allerdings einen Maulkorb. Sie durften nichts mehr von Jesus verbreiten, weder in den Häusern von ihm lehren, noch auf den Straßen öffentlich verkünden. Dieser Maulkorb bedeutete den sicheren Tod der Gemeinde, denn ohne Jesus beim Namen zu nennen, konnte die Gemeinde nicht leben. Apostelgeschichte 4,23-31 Die beiden Gemeindeleiter liefen nach der Freilassung sofort zu ihrer Gemeinde, die sich in irgendeinem Haus traf. Sie erzählten von ihrer Auflage. Wie reagierte die Gemeinde? Brach sie in Wehklagen aus, zitterte sie vor Angst, zerstreute sie sich, ersann sie eine Strategie, um die 5000 Anhänger zu mobilisieren? Oder plante sie die Flucht, um woanders neu anzufangen? Nein, von alledem hören wir nichts. Stattdessen setzten sie sich zusammen, um einmütig zu beten. Einmütig beten Die Urgemeinde war in einer menschlich ausweglosen Lage. Alle Wege waren versperrt durch den Maulkorberlass, dicke Betonmauern zogen sich um die christliche Kirche, und intern konnte sie nicht sicher sein, ob sich Spione einschleichen würden. Da blieb nur der Blick nach oben frei. Und von oben, direkt vom Herrn bekamen sie ein Wort geschenkt. Ob einer von ihnen sich an den zweiten Psalm erinnerte, ob sie die Schriften wahllos aufschlugen und Gott zutrauten, dass er sie die richtige Stelle finden ließ, ob Psalm 2 gerade aufgeschlagen vor ihnen lag, wir wissen es nicht. Aber wir spüren, dass sie sich Gottes Wort nicht selbst gesucht haben, sondern es geschenkt bekamen. Wie kein anderer Psalm beschreibt dieser die Lage der jungen Gemeinde. Heiden, Könige, ja, so ergänzt die Gemeinde, sogar die Stämme Israels selbst stellen sich gegen den Sohn auf, den Gott zum neuen König gekrönt hat. Aber sie können nichts ausrichten. Sie müssen an der langen Leine Gottes laufen, ob sie wollen oder nicht. Der Psalm zitiert sie: „Lasset uns zerreißen ihre Bande und von uns werfen ihre Stricke“, doch es gelingt ihnen nicht. Egal was sie tun, sie arbeiten Gott in die Hand. Und Gott? Von ihm heißt es „Aber der im Himmel wohnt, lacht ihrer und der Herr spottet ihrer“. Diesen Psalm bekam die junge Gemeinde in die Hand und wurde vom Heiligen Geist eingeladen, mit in das Lachen über die schon längst entmachteten Feinde einzustimmen. Obwohl sie kein Wort mehr über Jesus verlieren durften, hörten sie im Gebet Gottes Lachen über die Verfolger und durften einstimmen. Trotz Betonwänden um sie herum kommt Licht in ihr Gefängnis, macht Mut und Hoffnung, dass Gott einen Ausweg schenkt. Das einmütige Gebet ist seitdem Vorbild für uns. Gerade wenn die Situation eng wird, wenn wir merken, dass wir mit unserer Kraft am Ende sind, vielleicht darum ringen, Menschen zu Jesus einzuladen, die sich nur uninteressiert abwenden, will Gott uns einen, uns anreden, uns ein Wort geben, das uns weiterführt. Und wir untereinander können uns dieses Wort von oben auch zusprechen, uns gewiss machen auf dem Weg. In einer für mich sehr herausfordernden Situation, in der ich mich auch in einem solchen Gefängnis fühlte und nicht erkennen konnte, wohin Gott mit mir wollte, um seine Gemeinde zu bauen, gab mir eine Frau aus der Gemeinde eine Postkarte, auf der stand: „Gott, der Herr, gibt mir die rechten Worte, damit ich erschöpfte Menschen zur rechten Zeit ermutigen kann. Morgen für Morgen weckt er mich und dann höre ich zu.“ (Psalm 50,4). Ich weiß nicht, ob diese Frau die Karte ganz bewusst auswählte, jedenfalls traf sie mich wie ein Erdbeben. Was für mich so in Frage stand, war hier ganz klar formuliert. Ich sollte erschöpfte Menschen ermutigen, und das nicht aus eigener Kraft, denn die hatte ich nicht. Ich sollte morgens zu allererst hören, nehmen, mich füllen lassen, dann konnte es gehen. Und es ging. Haben wir ein Wort Gottes für unsere Gemeinde? Ist es die Jahreslosung, die im Eingangsbereich hängt? „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem“ (Römer 12,21). Lassen wir uns das gesagt sein, wenn das Negative mal wieder in uns wuchert, wir uns in unserem Ich gestört fühlen, missachtet, falsch verstanden, ungeliebt? Lassen wir es uns gesagt sein, dass Gottes Liebe immer für uns reicht, und sogar noch genug für andere da ist? Aus dem Wort Gottes wächst der Mut zum Bitten. Die Bitten stehen nicht an erster Stelle, da hätten sie sicher anders gelautet: „Herr, befreie uns von dem Maulkorb! Schütze uns! Ändere den Hohen Rat! Usw.“ Jetzt heißt es:
Der Versammlungsort der jungen Gemeinde erbebte. Das erste Zeichen Gottes machte ihnen klar, Gott kann Mauern zum Wanken und Einsturz bringen. Es wird einen Weg in die Zukunft geben. Der Heilige Geist ist stärker als alle Kräfte dieser Welt. Warum sollte unser einmütiges Gebet nicht auch erhört werden und Mauern zum Wanken bringen? Ob es die in Nordkorea sind oder solche bei uns, Gottes Kraft lässt uns auch im Gegenwind Zeugen seiner Liebe sein. Harre, meine Seele, harre
des Herrn! / Alles ihm befehle, hilft er doch so gern. / Wenn alles bricht,
Gott verlässt uns nicht; / größer als der Helfer ist die
Not ja nicht. / Ewige treue, Retter in Not, / rett auch unsre Seele, du
treuer Gott!
Cornelia
Trick
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